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Einfluss von Versichertenstatus und Einkommen auf die Wartezeit im ambulanten Bereich

Erstveröffentlichungsdatum: 25.09.2012

Abstrakt: Einfluss von Versichertenstatus und Einkommen auf die Wartezeit im ambulanten Bereich

Hintergrund: Diese Studie untersucht den Einfluss von Versichertenstatus und Einkommen auf die Wartezeit auf einen Arzttermin als auch auf die Wartezeit innerhalb der Arztpraxis im ambulanten Sektor. Methode: In Bezug auf die Wartezeit wurde zwischen der Wartezeit auf einen Haus- und Facharzttermin als auch hinsichtlich der Wartezeit innerhalb der Haus- und Facharztpraxis unterschieden. Ferner berücksichtigten wir in den multivariaten Regressionen den Grund des Hausarztbesuches, den Effekt von sozioökonomischen Variablen, als auch institutionelle Charakteristika der Arztpraxis. Ergebnisse: Während der Versichertenstatus vor allem in signifikanter Weise die Wartezeit auf einen Facharzttermin beeinflusste (16 Tage für GKV Patienten vs. 9 Tage für PKV Patienten, P=0.0005), konnte bei der Wartezeit auf einen Hausarzttermin bei PKV-Patienten nur ein schwacher negativer Trend ermittelt werden. Schlussfolgerungen: Die vorliegende Untersuchung verdeutlicht, dass es Unterschiede im Zugang zur medizinischen Versorgung im Sinne von Wartezeiten für Patienten mit GKV versus PKV gibt. Weiterer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich der Analyse der Versorgungsqualität in Abhängigkeit von Versichertenstatus und Haushaltseinkommen.

Abstract: Effect of type of insurance and in-come on waiting time for outpatient care

Background: This paper analyzes the impact of type of insurance, income, and reason for appointment on waiting time for an appointment and waiting time in the physician’s practice in the outpatient sector. Methods: We used data from a patient survey of the Bertelsmann Healthcare Monitor. The survey was conducted in Germany in five waves between 2007 and 2009. We differentiated between GP and specialist and controlled for socioeconomic, structural, and institutional characteristics as well as interactions between type of insurance and control variables. Results: Our results reveal that private health insurance plays a significant role in faster access to care at GP and specialist practices. We also found that increased income had a negative effect on waiting time in practices and on waiting time for an appointment in GP practices. Conclusion: Whether inequalities in access to health care also impact overall quality of treatment needs to be investigated in future research.

Literatur

Asplin, B. R.; Rhodes, K. V.; Levy, H.; Lurie, N.; Crain, A. L.; Carlin, B. P. & Kellermann, A. L. 2005. Insurance status and access to urgent ambulatory care follow-up appointments. JAMA: the journal of the American Medical Association, 294, 1248. Barzel, Y. 1974. A theory of rationing by waiting. Journal of Law and Economics, 17, 73-95. Calvin, J.; Roe, M.; Chen, A.; Mehta, R.; Brogan, G.; Delong, E.; Fintel, D.; Gibler, W.; Ohman, E. & Smith, S. 2006. Insurance coverage and care of patients with non- ST-segment elevation acute coronary syndromes. Annals of Internal Medicine, 145, 739. Cameron, S.; Sadler, L. & Lawson, B. 2010. Adoption of open-access scheduling in an academic family practice. Canadian Family Physician, 56, 906. Cooper, Z.; McGuire, A.; Jones, S. & Grand, J. 2009. Equity, waiting times, and NHS reforms: retrospective study. British Medical Journal, 339. German Federal Association of the Company Health Insurance Funds 2008; Die BKK. Berlin. Hargraves, J. & Hadley, Y, J. 2003. The contribution of insurance coverage and community resources to reducing racial/ethnic disparities in access to care. Health Services Research, 38, 809-829. Murray, M. & Berwick, D. 2003. Advanced access: reducing waiting and delays in primary care. Journal of the American Medical Association, 289, 1035. Newacheck, P.; Hughes, D. & Stoddard, J. 1996. Children‘s access to primary care: differences by race, income, and insurance status. Pediatrics, 97, 26. Resnack, J.; Pletcher, M. & Lozano, N. 2004. Medicare, medicaid, and access to dermatologists: The effect of patient insurance on appointment access and wait times* 1. Journal of the American Academy of Dermatology, 50, 85-92. Roll, K.; Stargardt, T. & Schreyögg, J. 2012. Effect of type of insurance and income on waiting time for outpatient care. The Geneva Papers on Risk and Insurance-Issues and Practice, (epub ahead of print). Schellhorn, M. 2007. Vergleich der Wartezeiten von gesetzlich und privat Versicherten in der ambulanten ärztlichen Versorgung. Gesundheitsmonitor, 95-113. Siciliani, L. & Hurst, J. 2004. Explaining waiting times variations for elective surgery across OECD countries. OECD Economic Studies, 38, 95-123. Siciliani, L. & Verzulli, R. 2009. Waiting times and socioeconomic status among elderly Europeans: evidence from SHARE. Health Economics, 18, 1295-1306. Silber, S.; Mühling, H.; Dörr, R.; Zindler, G.; Preuss, A. & Stümpel, A. 1996. Wartezeiten und Tod auf der Warteliste für eine koronare Bypass-Operation. Herz, 21, 389-396. Sundano, J. & Baker, D. 2006. Explaining US racial/ethnic disparities in health declines and mortality in late middle age: the roles of socioeconomic status, health behaviors, and health insurance. Social Science & Medicine, 62, 909-922. Van Doorslaer, E.; Masseria, C. & Koolman, X. 2006. Inequalities in access to medical care by income in developed countries. CMA Journal, 174, 177. Walendzik, A.; Manouguian, M.; GREß, S. & WASEM, J. 2009. Vergütungsunterschiede im ambulanten ärztlichen Bereich zwischen PKV und GKV und Modelle der Vergütungsangleichung. Sozialer Fortschritt, 58, 63-69.

Zusätzliches

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Einfluss von Versichertenstatus und Einkommen auf die Wartezeit im ambulanten Bereich

Die Länge der Wartezeit auf einen Termin im ambulanten und stationären Sektor wird in den meisten Ländern als wichtiger Qualitätsindikator und bedeutender Parameter für den Zugang zur medizinischen Versorgung angesehen. Da Wartezeiten oftmals als implizite Form der Rationierung von Gesundheitsleistungen wahrgenommen werden, stellt dies auf gesundheitspolitischer Ebene einen nicht zu verachtenden Problemfaktor dar. Internationale Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem sozioökonomische Faktoren, wie etwa der Bildungsstand, das Einkommen und der Wohnort des Patienten die Wartezeit auf eine Operation sowie auf einen ambulanten Behandlungstermin signifikant beeinflussen (Barzel, 1974; Siciliani und Verzulli, 2009; Sudano und Baker, 2006). Als weiterer wichtiger Einflussfaktor wird zudem der Versichertenstatus des Patienten angesehen (Asplin et al., 2005; Calvin et al., 2006; Hargraves und Hadley, 2003; Silber et al., 1996). Bisher haben allerdings erst wenige nationale als auch internationale Studien den Zusammenhang zwischen Versichertenstatus und Wartezeit im ambulanten Bereich genauer untersucht (Newacheck et al., 1996; Resneck et al., 2004; Schellhorn, 2007). In Deutschland hat der Versichertenstatus einen wesentlichen Einfluss auf die Vergütung der medizinischen Versorgung im ambulanten ärztlichen Bereich, was zur Folge hat, dass Leistungen für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der privaten Krankenversicherung (PKV) nach zwei unterschiedlichen Vergütungssystemen abgerechnet werden. Bei der Vergütung ärztlicher Leistungen für PKV-Versicherte (und andere Selbstzahler) wird die GOÄ (Gebührenordnung für Ärzte) zugrunde gelegt, für GKV-Versicherte findet der EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) Anwendung. Dies hat zur Folge, dass ein behandelnder Arzt im Durchschnitt für eine medizinisch im Grundsatz gleiche Leistung bei einem privat versicherten Patienten eine rund 2,28-fach höhere Vergütung als für einen gesetzlich versicherten Patienten erhält (Walendzik et al., 2009). Dieser Unterschied führt seit längerem zu einer Reihe von gesundheitspolitischen Diskussionen, da kritisiert wird, dass durch die höhere, nicht budgetierte Vergütung Anreize beim Arzt gesetzt werden, die dazu führen, dass PKV-Patienten bevorzugt behandelt werden und sich dies in einem unterschiedlichen Zugang zu ärztlichen Leistungen, im Sinne von Wartezeiten, niederschlägt.

 

>> Ziel dieser Studie war es, den Einfluss von Versichertenstatus und Einkommen auf die Wartezeit im ambulanten Sektor zu analysieren. Ferner berücksichtigten wir den Grund des Hausarztbesuches, den Effekt von weiteren sozioökonomischen Variablen, als auch institutionelle Charakteristika der Arztpraxis.
Methodik
Im Rahmen unserer Analyse wurden fünf Befragungswellen zwischen 2007 und 2009 des Bertelsmann Gesundheitsmonitors untersucht.
Die Wartezeit auf einen Hausarzt- (Modell Ia) und Facharzttermin (Modell IIa) wurde gemessen, indem die Patienten nach der Wartezeit in Tagen auf den letzten Haus- oder Facharzttermin in den vergangenen 12 Monaten befragt wurden. Zudem analysierten wir die Wartezeit in Minuten in der Hausarzt- (Modell Ib) und Facharztpraxis (Modell IIb), bis die Patienten in den Behandlungsraum des Arztes gerufen wurden. Zur Beantwortung unserer Forschungsfrage, welche Determinanten Wartezeiten im ambulanten Bereich beeinflussen, wurden für die vier Modelle jeweils gewichtete multivariate Regressionen aufgestellt. Diese Modelle messen den Einfluss der abhängigen Variablen Wartezeit auf den Versichertenstatus, das Einkommen und auf Kontrollvariablen für den sozioökonomischen Status und für strukturelle Charakteristika der Arztpraxis.
Die beiden unabhängigen Hauptvariablen für die vier Modelle waren der Versichertenstatus des Patienten und das monatliche Haushaltseinkommen in Euro. Bezüglich des Versichertenstatus wurde unterschieden zwischen 1. GKV, 2. PKV, 3. GKV mit Kostenerstattung und 4. andere Versichertenschemata.
Die Option der Kostenerstattung ermöglicht GKV-Patienten die Vergütungsraten in der PKV zu nutzen, in dem er die Differenz der Kosten zwischen GKV- und PKV-Vergütung aus eigener Tasche begleicht. Die Kategorie (4) andere Versichertenschemata ist historisch bedingt und umfasst spezielle Versicherungstarife für Bergarbeiter, Landwirte und Matrosen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit gehen wir im weiteren Verlauf nur auf die Unterschiede hinsichtlich GKV und PKV ein.
Die Variable Haushaltseinkommen kontrolliert für den sozioökonomischen Status des Befragten und umfasst die Bruttoeinkünfte aus selbstständiger und nicht-selbstständiger Arbeit, Rente, privaten Einkünften, Langzeitpflege, Miete, Kapital und Wohngeld. Die Erfassung des Haushaltseinkommens diente auch dazu, die jeweilige Zahlungsfähigkeit, etwa für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die nicht von der GKV übernommen werden, abzubilden.
Neben diesen beiden Hauptvariablen wurde noch für eine Vielzahl an Variablen kontrolliert, die den sozioökonomischen Status widerspiegeln und von denen bereits in der Literatur bekannt war, dass sie den Zugang zu Gesundheitsleistungen signifikant beeinflussen (Cooper et al., 2009; Siciliani und Hurst, 2004; Siciliani und Verzulli, 2009; Van Doorslaer et al., 2006). Dazu zählten der Grund des Arztbesuches, das Alter, der Bildungstand, das Vorliegen einer Behinderung, das Geschlecht, die Nationalität und der Wohnort. Neben den patientenindividuellen Merkmalen wurden auch für bestimmte Charakteristika des Arztes und der Arztpraxis kontrolliert.
Eine ausführliche Darstellung der verwendeten Variablen, der angewandten Methodik und der vollständigen Diskussion der Ergebnisse ist in einer englischen Langfassung dieses Artikels zu finden (Roll et al., 2012).
Ergebnisse
Für die Analyse der Wartezeit auf einen Termin beim Hausarzt (Modell Ia) und in der Hausarztpraxis (Modell IIa) lagen uns Daten von 5.122 Befragten vor, während für die Wartezeit auf einen Termin beim Facharzt (Modell Ib) und in der Facharztpraxis (Modell IIb) 4.626 Befragte berücksichtigt werden konnten. Die deskriptiven Ergebnisse (Tabelle 1) belegten, dass durchschnittlich 2,8 Tage auf einen Termin beim Hausarzt bzw. 15,6 Tage auf einen Termin beim Facharzt gewartet wurde. In der Haus- und Facharztpraxis warteten die Patienten in annähernd ähnlichem Umfang: 31,5 Minuten in der Praxis des Hausarztes und 37,5 Minuten in der Praxis des Facharztes. Die Befragten dieser Studie waren überwiegend gesetzlich krankenversichert (80,1 Prozent im Hausarztmodell (Modell Ia, Modell IIa) bzw. 79,4 Prozent im Facharztmodell (Modell Ib, Modell IIb); insgesamt waren 14,5 Prozent in den beiden Hausarztmodellen und 15,4 Prozent in den beiden Facharztmodellen privat versichert. Die hohen Einkommensgruppen mit einem Haushaltseinkommen von mehr als 3.000 Euro pro Monat waren mit 27,2 Prozent in den Hausarztmodellen und 25,3 Prozent in den Facharztmodellen leicht unterrepräsentiert (Tab. 1).

Wartezeit und Versichertenstatus
Die Variable Versichertenstatus erwies sich als signifikante Einflussgröße auf die Länge der Wartezeit auf einen Facharzttermin (P=0.0005) und zeigte einen deutlichen Trend auf die Wartezeit auf einen Hausarzttermin (P=0.0538) (Tabelle 2). In der fachärztlichen Versorgung warteten GKV-Patienten durchschnittlich 16 Tage, PKV-Patienten lediglich 7 Tage (Abb. 1).
Die absoluten Zahlen zeigten somit, dass der Versichertenstatus zu einer kürzeren Wartezeit für PKV-Patienten auf einen Facharzttermin um 9 Tage bzw. um 56 Prozent führte.
Erstaunlicherweise zeigte sich der gegenteilige Effekt bei der Wartezeit in der Praxis, da der Versichertenstatus keinen Einfluss auf die Wartezeit in der Facharztpraxis (P=0.2108), allerdings auf die Wartezeit in der Hausarztpraxis nahm (P=0.0088). In absoluten Werten ausgedrückt, bedeutete dies, dass GKV-Patienten 41 Minuten und PKV-Patienten rund 31 Minuten - also 10 Minuten bzw. 32 Prozent länger - in der Praxis des Hausarztes warteten als der durchschnittliche PKV-Patient (Abb. 2).

Wartezeit und Haushaltseinkommen
Neben dem Versichertenstatus erwies sich auch die Variable Haushaltseinkommen als wesentliche Einflussgröße auf die Wartezeit. Während die Wartezeit auf einen Hausarzttermin sehr deutlich vom individuellen Haushaltseinkommen beeinflusst wurde, zeigten sich eher moderate Effekte auf die Wartezeit auf einen Facharzttermin. Beim Hausarzt erfolgte eine signifikante Reduktion der Wartezeit auf einen Termin erst ab einem Haushaltseinkommen von mehr als 2.000 Euro pro Monat, im Gegensatz zu Befragten mit einem Haushaltseinkommen von 500 Euro pro Monat (P=0.0463). Dieser Unterschied führte zu 1 Tag bzw. 28 Prozent weniger Wartezeit. Für die Wartezeit auf einen Facharzttermin konnte erst eine signifikante Reduktion der Wartezeit ab einem Haushaltseinkommen von mehr als 5.000 Euro pro Monat festgestellt werden (28 Prozent bzw. 5 Tage weniger; P=0.0315). Ein Haushaltseinkommen von mehr als 5.000 Euro reduzierte zudem signifikant die Wartezeit in Hauspraxen (38 Prozent oder 13.3 Minuten weniger; P<0.0001).
Schlussfolgerung
Die vorliegende Untersuchung verdeutlicht empirisch auf Basis einer großzähligen Stichprobe und unter Berücksichtigung einer Vielzahl von Kontrollvariablen, dass es Unterschiede im Zugang zur medizinischen Versorgung im Sinne von Wartezeiten für Patienten mit GKV versus PKV gibt. Während der Versichertenstatus vor allem in signifikanter Weise die Wartezeit auf einen Facharzttermin beeinflusste (16 Tage für GKV Patienten vs. 9 Tage für PKV Patienten), konnte bei der Wartezeit auf einen Hausarzttermin bei PKV-Patienten nur ein schwacher negativer Trend festgestellt werden. Das könnte vor allem daran liegen, dass 49 Prozent der Patienten ihren Hausarzt ohne vorherige Terminvereinbarung aufsuchen. Beim Facharzt kommen lediglich 29 Prozent ohne Termin in dessen Sprechstunde (German Federal Association of the Company Health Insurance Funds, 2008).
Bezüglich der Wartezeit in der Praxis, konnten wir nur für den Hausarzt eine signifikante Verkürzung der Wartezeit bei PKV-Patienten feststellen (41 Minuten für GKV-Patienten vs. 31 Minuten für PKV-Patienten). Dieser Unterschied ist darauf zurückzuführen, dass Hausärzte, auf Grund des hohen Anteils an Patienten ohne Termin, die Auslastung ihrer Sprechstunde schwerer im Voraus planen können. Im Gegensatz zum Hausarzt besitzt der Facharzt durch die oftmals vorliegende Überweisung bereits einige Informationen über die Erkrankung des Patienten und kann die Behandlungsdauer in der Praxis besser terminieren.
Die reduzierende Wirkung des steigenden Haushaltseinkommens auf die Wartezeit auf einen Haus- und Facharzttermin als auch in abgeschwächter Form innerhalb der Haus- und Facharztpraxis, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass besser verdienende Patienten durchaus empfänglicher für privat zu zahlende Zusatzleistungen (IGeL) sind und dieses Patientenklientel beim Arzt bevorzugt behandelt wird, was sich auch in verkürzten Wartezeiten widerspiegeln könnte.
Betrachtet man jedoch diese Ergebnisse im internationalen Vergleich, so wird schnell sichtbar, dass Wartezeiten auf einen Termin beim Haus- oder Facharzt in Deutschland relativ gering ausfallen. In anderen europäischen Ländern wird die Wartezeit auf einen Termin nicht in Tagen, sondern in ganzen Wochen gezählt. Eine Studie von Siciliani und Verzulli (2009), die die Wartezeit auf einen Facharzttermin in zehn europäischen Ländern untersuchte, machte deutlich, dass man rund 10 Wochen auf einen Facharzttermin in Schweden wartete, gefolgt von Dänemark mit 5 Wochen (Siciliani und Verzulli, 2009). Zudem liegen bisher keine Studien vor, die belegen, dass eine längere Wartezeit von wenigen Tagen einen negativen Einfluss auf die Behandlungsqualität hat oder dadurch gesundheitliche Nachteile entstehen. Kürzere Wartezeiten für PKV-Patienten sind im deutschen Kontext somit eher als Komfortindikator und weniger als Indikator für Versorgungsqualität zu interpretieren.
Um die in dieser Studie ermittelten Ungleichgewichte im Zugang zur ambulanten Versorgung auszugleichen, wäre ein zentraler Ansatzpunkt, die um den Faktor 2,28 höhere Vergütung für private Versicherte zu harmonisieren und somit eine Bevorzugung von Patienten zu verhindern. Weitere Instrumente, um den Zugang zur ärztlichen Versorgung unabhängig von patientenindividuellen Charakteristika zu machen, wäre die Etablierung von Online-Plattformen, über die Patienten selbst freie Arzttermine buchen könnten. Erste Modelle werden bereits erfolgreich in Großbritannien, Kanada und den USA eingesetzt (Cameron et al., 2010; Murray und Berwick, 2003). Weitere Forschung könnte sich mit der Frage beschäftigen, ob die Versorgung im Rahmen der GKV nicht sogar vorteilhafter ist, da für diese Versicherten beispielsweise eine umfangreiche Qualitätssicherung existiert, welche die PKVen nicht in diesem Umfang anbieten können. Studien zu Unterschieden in der Versorgungsqualität in der PKV versus GKV existieren allerdings bisher nicht. <<