Mit der Einführung von Biologika (auch Biopharmazeutika genannt) hat sich die medikamentöse Behandlung der rheumatoiden Arthritis (RA) und zahlreicher anderer Erkrankungen in den letzten zehn Jahren grundlegend geändert. Mit den Biologika steht mittlerweile ein breiteres Spektrum an Therapieoptionen zur Verfügung, das dazu beiträgt, die Krankheitsprozesse positiv zu beeinflussen und die Lebensqualität der Patienten nachhaltig zu stützen.
> Biologika sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, sie werden in gentechnisch veränderten Organismen hergestellt. Die Wirkstoffe bestehen aus Proteinen (inklusive monoklonaler Antikörper) und Nukleinsäuren, für deren Produktion es eines besonders hohen technologischen Aufwands bedarf.
In Deutschland sind derzeit 92 Biologika-Wirkstoffe im Markt. Diese sorgen für rund 15 Prozent der Arzneimittelausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), das waren 4,6 Milliarden Euro im Jahr 2009 (bewertet zu Apothekenverkaufspreisen/AVP; Quelle: NVI, INSIGHT Health). Immunologische Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis bilden dabei neben Stoffwechselerkrankungen, Infektionen sowie Erkrankungen aus den Bereichen Onkologie, Zentralnervensystem, Hämatologie u. a. eine wesentliche Indikation.
Wachsende Bedeutung
von Biologika
Im Nachfolgenden werden jene neun Biologika näher betrachtet, die Einsatz in der Therapie der rheumatoiden Arthritis finden (vgl. Tab. 1). 309.000 GKV-Verordnungen für über 82.000 Patienten sorgten 2009 für Bruttoausgaben von knapp 1 Milliarde Euro (AVP). Mit einem Ausgabenanstieg von 25,3 Prozent sind diese Präparate ein Treiber der Arzneimittelausgaben in der GKV (vgl. Tab. 1). TNF-Alpha-Blocker wie die Substanzen Adalimumab und Etanercept spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Die Arzneimittelausgaben für die Biologika-Versorgung der RA-Patienten sind auch deshalb bemerkenswert, da sie bspw. für die beiden Substanzen Adalimumab und Etanercept mit knapp 63 Euro um mehr als das 26-fache oberhalb der Tagestherapiekosten für eine Behandlung mit dem etablierten generischen Basistherapeutikum (Methotrexat) liegen (nach AVP; Quelle: INSIGHT Health).
Steigende Patientenzahlen
Die Anzahl der mit RA-Biologika therapierten Patienten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. In der GKV wurden 2009 nach Berechnungen von INSIGHT Health etwa 82.000 Patienten mit diesen Antirheumatika behandelt, 2007 waren es noch lediglich 49.000 (vgl. Abb. 1). Somit stieg deren Anzahl jährlich im Durchschnitt um über 16.500 Patienten. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Zugewinn von 29,5 Prozent.
Mehr als zwei Drittel der Biologika-Verordnungen werden von Internisten und deren Untergruppen ausgestellt; zusammen mit Klinikambulanzen, Dermatologen und Allgemeinmedizinern sorgten sie 2009 für über 90 Prozent der GKV-Verordnungen von Biologika. Andere Facharztgruppen spielen in diesem Zusammenhang kaum eine Rolle (vgl. Abb. 2).
In der jüngsten Vergangenheit kam es zu einigen Neuzulassungen: So ist seit Februar 2009 der Wirkstoff Tocilizumab zugelassen. Im Oktober 2009 folgten die Wirkstoffe Golimumab und Certolizumab Pegol. In etwa jeder dreißigste Patient, der mit den dargestellten Biologika behandelt wurde, hat 2009 bereits zumindest eines dieser neu zugelassenen Präparate verordnet bekommen. Jüngste Zahlen zeigen, dass sich dieser Anteil in der ersten Jahreshälfte 2010 bereits mehr als verdoppelt hat.
Kostenneutralität unter Berücksichtigung von Folgekosten?
Biopharmazeutika werden zukünftig nicht nur in der Therapie der rheumatoiden Arthritis weiter an Bedeutung gewinnen. So ist in etwa jeder vierte neu zugelassene Wirkstoff ein Biopharmazeutikum. Die Frage nach der Finanzierbarkeit innovativer Therapien durch die GKV wird damit zukünftig noch stärker in den Fokus rücken - auch vor dem Hintergrund des häufig additiven Einsatzes von neu zugelassenen Biologika in Kombination mit konventionellen Arzneimitteln. In einer gesundheitsökonomischen Gesamtbetrachtung sollten den erhöhten Arzneimittelausgaben jedoch auch die Einsparungen durch vermiedene stationäre Aufenthalte und anderer Folgekosten gegenüber-
gestellt werden. Das Deutsche Rheumaforschungszentrum Berlin (DRFZ) kommt hierbei zu dem Schluss, dass sich die gesellschaftlichen Gesamtkosten kaum verändert haben. Weitere Untersuchungen hierzu - auch vor dem Hintergrund der oftmals diskutierten Kosten von Arzneimittelinnovationen - sind wünschenswert. <<
von: Christian Bensing und
Dr. André Kleinfeld*