Nicht nur in Deutschland gilt das Gesundheitswesen als „Reformbaustelle“. Weltweit sucht die Politik nach Ansätzen, um Versorgung zu verbessern, Gesundheit zu fördern und Finanzierungssysteme nachhaltig zu gestalten. Denn die Staaten stehen vor ähnlichen Herausforderungen: Die wachsende Zahl älterer und chronisch kranker Menschen erfordert die Entwicklung innovativer Behandlungs- und Versorgungsformen. Zugleich stellt sich die Frage, wie die knappen Ressourcen verteilt werden sollen. Welche Therapien, Medikamente und Verfahren sollen finanziert werden und welche nicht? Kosten-Nutzen-Bewertungen fördern und die Primärversorgung stärken - das sind zwei der gesundheitspolitischen Trends, die sich in vielen Industrieländern abzeichnen.
> Immer mehr Länder verwenden Health Technology Assessment (HTA), um die Wirksamkeit, Sicherheit und Effizienz medizinischer Produkte und Behandlungsmethoden systematisch zu bewerten. So haben steigende Arzneimittelausgaben Slowenien dazu bewogen, HTA-Strukturen aufzubauen. Unterstützt wird das Land dabei vom Europäischen Netzwerk für HTA. Auch Polen setzt auf Partnerschaften, um HTA zu etablieren. In einem von der EU geförderten Projekt mit Frankreich werden die Verantwortlichen darin geschult, HTA-Berichte zu erstellen und auszuwerten. Nicht Kostendämpfung ist das Kernziel, sondern die angemessene Verteilung vorhandener Ressourcen. Großbritannien hat die Kosten-Nutzen-Bewertung auch auf Maßnahmen der Gesundheitsförderung ausgedehnt. Seit 2005 bewertet das NICE-Institut dort nicht nur Arzneimittel und Therapien, sondern auch Programme, die beispielsweise Bewegung am Arbeitsplatz fördern.
Einen weiteren Trend bilden Bestrebungen, die Primärversorgung zu stärken. Damit ist oft die Erwartung verbunden, die Qualität der Grundversorgung zu verbessern und den stationären Sektor zu entlasten. Weltweit werden daher Mittel für die Versorgungsforschung aufgestockt, neue Lehrstühle eingerichtet und Modellprojekte gefördert. So finanziert die neuseeländische Regierung ein „Primary Care Nursing“-Projekt, das der Pflege eine zentrale Rolle in der Primärversorgung einräumt. Auch Frankreich setzt auf die Einbindung nicht-ärztlicher Gesundheitsberufe. Viele Länder wollen gesundheitliche und soziale Dienstleistungen enger verzahnen. Großbritannien hat dafür im Juli 2008 eine sektorenübergreifende Qualitätskommission eingerichtet. Dass sich der Blick ins Ausland lohnen kann, zeigt auch Dänemark. Das Land hat das erfolgreiche Chronic-Care-Modell aus den USA importiert, um die Versorgung patientenorientierter zu gestalten.
von: Melanie Lisac*