Wohl kaum ein Steuerungsinstrument hat innerhalb so kurzer Zeit einen ähnlich starken Einfluss auf die Arzneimittelversorgung der GKV ausgeübt wie die Rabattverträge nach § 130a Abs. 8 SGB V seit „Scharfschaltung“ durch das Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) am 1. April 2007. Mit dem Gesetz wurden die Apotheken verpflichtet, bei Vorliegen eines Rabattvertrages die jeweils rabattierten Präparate abzugeben, sofern der verordnende Arzt einen Austausch nicht ausgeschlossen hat (§ 129 Abs. 1 SGB V).
>> Bereits im Mai 2008, also gut ein Jahr nach Inkrafttreten des GKV-WSG, waren 41,6 % aller abgerechneten GKV-Verordnungen rabattiert. Ein weiteres Jahr später lag im Mai 2009 der Anteil bereits bei 48,9 %. Im Folgemonat sank der Anteil – vor allem aufgrund der Ablösung der AOK-Sortimentsverträge durch die Wirkstoffverträge der dritten AOK-Ausschreibung – um 4 %punkte. Seitdem ist, nach Zahlen von INSIGHT Health, wieder ein nahezu kontinuierlicher Anstieg zu verzeichnen. Aktuell (Stand März 2010) sind 47,6 % der Verordnungen rabattiert (siehe Abb. 1).
2 von 3 Generikaverordnungen rabattiert
Nun findet das Instrument der Rabattverträge vor allem im generikafähigen Markt (Generika plus Altoriginale (= nicht patentgeschützte Originalprodukte)) Verwendung. Hier sind 60,7 % aller Verordnungen rabattiert, bei Generika ohne Altoriginale sogar 68,6 % (Stand März 2010). Hinsichtlich des Verordnungsumsatzes auf Basis der Apothekenverkaufspreise (AVP) sieht das Bild etwas anders aus. Hiernach ist über alle Marktsegmente hinweg jeder vierte umgesetzte Euro rabattiert (siehe Abb. 2).
Der deutlich niedrigere Rabattanteil bei den Umsätzen (nach AVP) ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die seltener rabattierten patentgeschützten Arzneimittel im ambulanten Arzneimittelmarkt bei einem relativ geringen Verordnungsanteil (8,1 %) einen relativ hohen Umsatzanteil (34,0 %) erreichen. Demgegenüber erzielen Generika-Verordnungen, die 65,1 % des Marktes ausmachen, nur 31,6 % des gesamten GKV-Umsatzes. Zudem fällt auf, dass bei Generika und Altoriginalen der Rabattanteil nach Umsätzen (62,8 bzw. 12,5 %) deutlich unter dem Rabattanteil nach Verordnungen (68,6 bzw. 16,2 %) liegt. Dies lässt darauf schließen, dass tendenziell die günstigeren Produkte rabattiert sind.
Kassen schreiben Rabattvereinbarungen unterschiedlich aus
Die hohen Rabattanteile gehen heute zu einem großen Teil auf Rabattausschreibungen zurück. Trotz der beiden ersten Ausschreibungen der AOK vom 03.11.2006 und 06.08.2007 dominierten in den ersten beiden Jahren der „Rabatt-Ära“ noch die Sortimentsverträge (Rabattvereinbarungen zwischen einer Krankenkasse und einem Generikahersteller über das gesamte Sortiment des Herstellers). Erst nach Aufforderung des Bundesversicherungsamtes (BVA) vom März 2009, Rabattverträge, die ohne Vergabeverfahren geschlossen wurden, „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ zu kündigen und EU-weit neu auszuschreiben, schrieb ein Großteil der Kassen die Verträge entsprechend aus.
Die einzelnen Ausschreibungen (s. Überblick S. 15) unterscheiden sich u. a. durch folgende Aspekte:
1. Länge der Vertragsdauer: variiert zwischen ein und vier Jahren, mit und ohne Verlängerungsoption
2. Anzahl der Fachlose: variiert zwischen 1 und 435 Losen
3. Ausgestaltung der Fachlose: Fachlose können für einen oder mehrere Wirkstoffe stehen oder auch nur für bestimmte Darreichungsformen, Packungsarten oder Salze eines Wirkstoffes und können in bestimmte Regionen Deutschlands unterteilt sein
4. Maximale Anzahl der Vertragspartner je Fachlos: variiert zwischen ein und vier Vertragspartnern (Ausnahme: Bahn BKK). <<
Dr. André Kleinfeld*