Die erschreckend rasche Zunahme der Anzahl von Patienten mit Diabetes weltweit und besonders auch in Deutschland ist eine zu akzeptierende Tatsache. Parallel zu dieser Entwicklung steigen die Kosten für die Versorgung dieser Patienten mit diagnostischen und therapeutischen Methoden dramatisch an. Deshalb bedarf es geeigneter Methoden der Versorgungsforschung, um den erfolgreichen und kosteneffizienten Einsatz der Behandlungsstrategien in der alltäglichen Praxis nachzuweisen. Dabei sollte nicht die Versorgungsqualität in einzelnen Praxen evaluiert werden, sondern die summarischen Ergebnisse auf überregionaler Ebene, um damit die Qualität der Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus bundesweit transparent zu machen und so zur langfristigen Sicherung einer guten Patientenbetreuung beizutragen.
>> In Deutschland hat sich die Behandlung von Patienten mit Diabetes in den letzten zehn Jahren weitgehend aus dem stationären in den hausärztlichen Bereich und in die spezialisierte niedergelassene Versorgung, d.h. in die Diabetes-Schwerpunktpraxen, verlagert. Es gibt in Deutschland zurzeit schätzungsweise circa 1.100 diabetologisch tätige Schwerpunktpraxen. Parallel dazu wurden die Strukturen und Prozesse in den Schwerpunktpraxen so optimiert, dass die Leistungsfähigkeit der niedergelassenen Diabetologie – gemessen an der Anzahl von betreuten Patienten – vermutlich deutlich gesteigert wurde. Bislang wurden die Konsequenzen dieser Entwicklung – und auch die Leistungsfähigkeit/Qualität der Arbeit der Schwerpunktpraxen – allerdings nicht systematisch evaluiert. Auch die im Rahmen der Disease-Management-Programme (DMP) erfassten Daten ermöglichen hierzu nur beschränkt valide Aussagen.
Gerade beim Krankheitsbild des Diabetes mellitus Typ 2 gibt es erheblichen Bedarf an einer Versorgungsforschung, die sich mit der Frage der Qualität der Betreuung, der Kosten-Nutzen-Relation und der Umsetzung von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in der Praxis beschäftigt. Das ist begründet durch die ernsthaften und kostenintensiven diabetes-bedingten Folgeerkrankungen, die durch eine gute Stoffwechselkontrolle verhindert bzw. verzögert werden können. In einem so hoch entwickelten Gesundheitssystem wie dem unseren – und aus einer professionellen Perspektive heraus – ist es eigentlich nicht verständlich, dass es eine gezielte Versorgungsforschung hierzu in Deutschland bisher praktisch nicht gibt.
Wenn sich ein niedergelassener Diabetologe im wissenschaftlichen Sinne über seine Arbeit Gedanken macht und die Güte seines alltäglichen „Tuns“ evaluieren will, dann muss er dies im Sinne von „Feierabendforschung“ selber leisten. Die in Deutschland nach wie vor deutliche, fast überzeichnete Sektorierung in ambulante Versorgung durch niedergelassene Diabetologen und stationäre Versorgung in spezialisierten Zentren ist hierbei auch nicht hilfreich.
Festzuhalten ist also: Es fehlte bisher an einer geeigneten (Kommunikations-)Plattform für den Transfer von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis der Betreuung von Patienten. Genauso wichtig ist dabei, dass die sich aus der Praxis ergebenden Probleme und Fragestellungen gezielt und systematisch in die anderen Forschungsebenen zurückreflektiert werden. Die Ergebnisse der sog. evidenzbasierten Medizin werden vorwiegend aus Studienpopulationen generiert, die nicht der in den Praxen vorhandenen Klientel entspricht. Durch Etablierung eines solchen Rückkopplungsprozesses würde ein extrem wichtiger fehlender Teil des gesamten Kreises erst realisiert werden. Der mit den Patienten unmittelbar „arbeitende“ Therapeut erlebt ja eine andere Realität als die Wissenschaftler in den anderen Forschungsebenen; dabei entspricht diese häufig nicht der „Studienlage“. Allerdings werden die vielfältigen Beobachtungen und Erfahrungen der behandelnden Diabetologen/Hausärzte bisher in keiner Form systematisch erfasst und analysiert.
Das Beispiel winDiab
Ein erster Schritt in Hinsicht auf eine fokussierte Versorgungsforschung in diesem Bereich wurde durch die Gründung des Wissenschaftlichen Institutes der niedergelassenen Diabetologen – winDiab – getan. In Zukunft wird sich winDiab – neben der Erstellung von Jahresberichten – mit den relevanten Fragestellungen der ambulanten Diabetologie beschäftigen und damit die fehlende Versorgungsforschung auf Basis der täglich praktizierten Patientenversorgung in den beteiligten winDiab-Partnerpraxen liefern.
Dabei erfolgt die Finanzierung von winDiab ausschließlich (!) durch die beteiligten Praxen selber, es erfolgt keinerlei Finanzierung durch die pharmazeutische Industrie. Die Gesellschafter und Partnerpraxen von winDiab sind ausschließlich Ärzte, die in eigenen diabetologischen Schwerpunktpraxen arbeiten.
winDiab bietet somit eine wissenschaftliche Plattform für patientenzentrierte Versorgungsforschung und beteiligt sich an prominenter Stelle an der Umsetzung des aktuellen Wissenstandes in Prävention, Diagnostik und Therapie des Diabetes unter Alltagsbedingungen. Durch Evaluierung der erhaltenen Ergebnisse soll der bisher eher mangelhaften Repräsentanz dieser Versorgungsebene auf wissenschaftlichen Kongressen und in Publikationen begegnet werden.
Das Institut dient gleichzeitig der Kommunikationsvermittlung der beteiligten Praxen untereinander, so werden Beobachtungen oder Fragestellungen, die sich im Behandlungsalltag einer Partnerpraxis ergeben, an die anderen Partner-Praxen weitergeleitet. Durch Sammlung der Rückmeldungen durch winDiab werden diese als „Beobachtungen“ der diabetologischen Öffentlichkeit präsentiert: So wurde z.B. analysiert, wie hoch die durchschnittliche Insulin-Tagesdosis bei Typ 2 Patienten ist oder ob Patienten bei Therapie mit einem neuen Medikament wirklich die in Studien beobachtete eindrucksvolle Gewichtsabnahme aufweisen oder nicht. Falls nicht, woran liegt dies? Nehmen die Patienten das Medikament nicht so ein, wie der Hersteller dies vorgibt bzw. wird es nicht dem Patientenkollektiv verschrieben, das in den Studien untersucht wurde? Erhalten sie parallel andere „interagierende“ Medikamente?
Nur durch ein systematisches Vorgehen bei der Datenerhebung und Auswertung kann verhindert werden, dass ein solches Vorgehen als „Anwendungsbeobachtung“ desavouiert wird. Durch die transparente und wissenschaftliche Arbeit von winDiab soll erreicht werden, dass Untersuchungen in dieser Versorgungsebene ernst genommen werden und durch die Präsentation dieser Daten in der „wissenschaftlichen“ Welt wird die Einbahnstraße im Wissenstransfer mit einer von oben nach unten geprägten Denkstruktur vermieden und eine neuartige Zusammenarbeit aller Versorgungsebenen etabliert.
Jahresbericht 2007
Der erste Jahresbericht 2007 fasst die Angaben von 51 diabetologischen Schwerpunktpraxen mit insgesamt 84 Diabetologen aus dem gesamten Bundesgebiet zusammen. Grundlage dafür sind Daten, die mittels eines einseitigen Fragebogens im Februar/März 2008 erhoben wurden. Der Fragebogen erfasste keinerlei patientenbezogene Daten, sondern ausschließlich kumulierte Angaben zur Behandlung und Schulung von Patienten sowie zur Charakterisierung der Praxis. Von den 56 winDiab-Partnerpraxen haben 51 Praxen diesen Erfassungsbogen ausgefüllt und zurückgesandt. Für die Behandlungsdaten wurden die Ergebnisse des 2. Quartals 2007 repräsentativ für das gesamte Kalenderjahr 2007 erhoben, für die Angaben zu Schulungskursen und Teilnehmern wurde das gesamte Jahr 2007 erfragt. Die Daten aus den Fragebögen wurden in eine Exceldatei überführt und auf Plausibilität geprüft. Im Falle von fehlenden Angaben oder fraglicher Plausibilität erfolgte eine telefonische Nachfrage. Ziel dieses ersten Jahresberichts war es, eine Beschreibung des Jetzt-Zustandes in der niedergelassenen Diabetologie im Sinne einer Abbildung der Strukturqualität (und teilweise auch der Prozessqualität) zu liefern.
Einzelergebnisse:
1. Die diabetologische Schwerpunktpraxis (DSP)
Diabetologische Schwerpunktpraxen (DSPen) sind ein wichtiges Strukturelement zur Sicherung einer optimierten Versorgungsqualität für Patienten mit Diabetes. Sie werden als Versorgungsebene 2 bezeichnet und ergänzen die Versorgungsebene 1 der Hausärzte. Eine DSP versteht sich einerseits als Ansprechpartner für Hoch-Risiko-Patienten und behandelt andererseits für einen definierten Zeitraum Patienten, die entsprechend der Überweisungskriterien aus der Versorgungsebene 1 an sie überwiesen werden.
2. Ärztliches Personal
Eine DSP wird von einem oder mehreren Diabetologen geleitet und muss bestimmte Qualitätskriterien erfüllen, die von den Gremien der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (Diabeteskommission) überwacht werden. Dabei variieren diese zwischen den einzelnen Bundesländern erheblich! Der oder die jeweiligen Diabetologe/n haben an einer 80-stündigen Fortbildung der Fachgesellschaft DDG (Deutsche Diabetes-Gesellschaft) teilgenommen oder entsprechend der Weiterbildungsordnung der zuständigen Ärztekammern eine Fortbildung absolviert. Jeder Diabetologe muss regelmäßig jährliche Fortbildungen nachweisen. Zudem sind Rhetorik- und Didaktik-Seminare vorgeschrieben. Die beständige Weiterbildung der Diabetologen ist ein wichtiger Faktor, um für die Patienten Behandlungsqualität auf hohem Niveau zu gewährleisten. Die DSPen weisen – trotz der geforderten gleichen Qualitätsmerkmale – erhebliche Unterschiede untereinander auf; so gibt es DSPen, die nahezu ausschließlich Patienten mit Diabetes betreuen, ebenso gibt es Praxen mit einem hausärztlichen Status, die überwiegend Nicht-Diabetiker betreuen.
3. Diabetesberater/innen
Zum Betreuungsteam einer DSP gehören mindestens ein/e Diabetesberater/in DDG bzw. Diabetesassistent/in DDG. Auch an das nichtärztliche Praxispersonal werden besondere Anforderungen gestellt: Neben Kompetenz und Fachwissen werden pädagogische Fähigkeiten im Umgang mit Menschen erwartet, denen komplexes Wissen zum Umgang mit Diabetes in ihrem Lebensalltag vermittelt werden muss. In den 51 Praxen arbeiten insgesamt 81 Diabetesberaterinnen (Mittelwert 1,7), davon haben 27 Praxen eine, 16 Praxen zwei, 4 Praxen drei, 1 Praxis vier und 1 Praxis sechs Diabetesberaterinnen.
Vorgeschrieben ist für eine DSP mindestens eine Diabetesberaterin, die mit ihrer einjährigen Ausbildung die Berechtigung erworben hat, Beratung und Schulungskurse für Patienten mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes mit unterschiedlichen Therapiekonzepten (Diät-, Tabletten- oder Insulinbehandlung, Insulinpumpentherapie) abzuhalten. Die Hauptaufgabe der Diabetesberaterinnen und -assistentinnen ist – neben der Beratung – die Schulung von Patienten mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes mit und ohne Insulin und die Betreuung von Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes sowie die Schulung von Patienten mit Hypertonie. Die einjährige Weiterbildung wird von der Fachgesellschaft durchgeführt und mit einer Abschlussprüfung zertifiziert.
Die Mitarbeit der Diabetesberaterin im Qualitätszirkel, in dem sich Hausärzte und Diabetologen zu regelmäßigen Fachfortbildungen und zum Erfahrungsaustausch auf lokaler Ebene treffen, ist eine Möglichkeit, Verständnis für die Probleme des Patienten mit Diabetes zu induzieren und die Betreuung zu verbessern. Die Erarbeitung von Schulungs- und Behandlungsstrategien für einzelne Patienten mit besonderen Problemen erweist sich in diesem Rahmen als besonders günstig, da der direkte Kontakt zum überweisenden Arzt meist gegeben ist.
4. Diabetesassistentin
Neben der Diabetesberaterin gehören auch Diabetesassistentinnen zum Team. Diese sind in den meisten Fällen im Ursprungsberuf Arzthelferin und haben ebenfalls eine Weiterbildung nach Richtlinien der DDG absolviert. Diabetesassistentinnen dürfen mit der Schulung von Patienten mit Typ 2 Diabetes betraut werden.
In den winDiab-Partnerpraxen arbeiten insgesamt 86,5 Diabetesassistentinnen (Mittelwert 1,7). Dabei haben 17 Praxen eine, 15 Praxen zwei, 7 Praxen drei, 3 Praxen vier und 1 Praxis fünf Diabetesassistentinnen.
5. Sonstiges diabetesspezifisches Personal
Hierunter fallen Berufe wie Wundmanager, Podologen (Fußspezialisten) oder Berater/Assistenten in der Ausbildung. In den Partnerpraxen arbeiten insgesamt 101,3 solche Mitarbeiter (Mittelwert 2,7). 10 Praxen haben eine Mitarbeiter/in, 11 Praxen zwei, 5 Praxen drei, 4 Praxen vier, 3 Praxen fünf und jeweils 1 Praxis acht bzw. zehn weitere diabetes-spezifische Mitarbeiter.
6. Praxisausstattung
Die notwendige Ausstattung von DSPen ist in der Regel in den regionalen Verträgen zur Umsetzung der DMP Diabetes mellitus Typ 2 bzw. Typ 1 genau festgelegt. Ein besonderer Tätigkeitsschwerpunkt von DSPen ist ja die Durchführung von Patientenschulungen (s. u.). Dafür müssen geeignete Räumlichkeiten sowohl für Gruppenschulungen als auch für Einzelberatungen zur Verfügung stehen.
Es werden Schulungsmaterialien und Schulungsprogramme mit den verschiedenen Curricula bereitgehalten, ergänzt durch diagnostische Geräte, um Blutzucker, Blutdruck und Laborparameter (z.B. den HbA1c als Parameter zu Beschreibung der Stoffwechselkontrolle) entsprechend der Qualitätsstandards innerhalb der Praxisräume zu messen. Hinzu zählt auch die apparative Ausstattung zur Diagnose der autonomen und peripheren Neuropathie sowie von kardiovaskulären Erkrankungen einschließlich der arteriellen Verschlusskrankheit.
Von den 51 winDiab-Partnerpraxen haben bereits 45 ein Qualitätsmanagement mit externem Audit eingeführt bzw. sind auf dem Weg dahin. In diesem Zusammenhang haben sich die Praxen verpflichtet, enge Kooperationen mit den Fachärzten aus angrenzenden Disziplinen (Kardiologie, Angiologie, Augenheilkunde, Gynäkologie, etc.) und mit entsprechenden nicht-ärztlichen Berufen (z.B. Psychologen) einzugehen.
6. Patienten
Die Anzahl aller Patienten mit Diabetes, die im Erhebungszeitraum (= einem Quartal) in den 51 DSPen betreut wurden, beträgt 53.587 (Mittelwert 1.072). Je nach Ausrichtung der Praxis als reine DSP oder als mehr diabetologische Hausarztpraxis ergibt sich hierbei eine erhebliche Bandbreite, minimal werden 130 Patienten betreut und maximal 3097. Der überwiegende Anteil der Patienten (62,2 %) wird mit Insulin therapiert: insgesamt 33.345 (Mittelwert 710, Bereich 84 – 2115).
Im Alltag einer DSP werden insbesondere vier verschiedene Patientengruppen betreut: Patienten mit Typ 1 Diabetes, Patienten mit Typ 2 Diabetes (darunter Patienten mit KHK, Hypertonie oder einem diabetischen Fußsyndrom), Patientinnen mit einem Gestationsdiabetes und Patienten mit sonstigen Diabetes-Formen.
7. Typ 1 Diabetes
Diese Patientengruppe macht einen Anteil von etwa 10 % an der Gesamtzahl von Patienten in Deutschland insgesamt aus. Da Patienten mit Typ 1 Diabetes vorzugsweise in DSPen betreut werden, liegt deren Anteil am Gesamtkollektiv mit 20,3 % bei den DSPen entsprechend höher. Die Gesamtzahl dieser Patienten (inkl. LADA) betrug 10.872 Patienten (Mittelw. 213, Bereich 20 – 615). Von diesen Patienten werden 2.024 (18,6 %) mit einer Insulin-Pumpentherapie behandelt. (Mittelw. 40,5; Bereich 3 – 186).
8. Typ 2 Diabetes
Da der Typ 2 Diabetes die häufigste Diabetes-Erkrankung ist, spiegelt er sich entsprechend in der hohen Anzahl von solchen Patienten in den DSPen wieder (prozentualer Anteil am Gesamtkollektiv 76,5 %). In absoluten Zahlen bedeutet dies 40.993 Patienten (Mittelwert 804; Bereich 75 – 2.482). Patienten mit Typ 2 Diabetes, die an eine DSP überwiesen werden, sind häufig Hoch-Risikopatienten, die bereits ausgeprägte diabetesbedingte Folgeerkrankungen entwickelt haben. Dazu gehören Herz-Kreislauferkrankungen und das diabetische Fußsyndrom.
9. Typ 2 Diabetes mit KHK
Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen die Hauptursache für eine reduzierte Lebenserwartung dieser Patienten dar. Die Gesamtzahl von Patienten mit einer KHK betrug 9.495, dies entspricht einem prozentualen Anteil von 23,2 % (Mittelwert 206; Bereich 25 – 610).
10. Typ 2 mit Hypertonie
Bei wesentlich mehr Typ 2 Patienten wurde eine Hypertonie diagnostiziert, so wurden insgesamt 23.281 Patienten in dem erfassten Zeitraum deswegen behandelt, das entspricht einem prozentualen Anteil von 56,8 % (Mittelwert 506; Bereich 30 – 1.400).
11. Diab. Fußsyndrom
Eine der häufigsten auftretenden diabetesbedingten Folgeerkrankungen ist das diabetische Fußsyndrom, welches gleichzeitig ausgesprochen aufwändig in der therapeutischen Betreuung ist. Insgesamt wurden 2.965 Fälle berichtet, dies entspricht einem prozentualen Anteil von 5,5 % (Mittelwert 63; Bereich 2 – 363).
12. Gestationsdiabetes
Die Betreuung von Frauen mit einem Gestationsdiabetes gehört ebenfalls zu den Kernkompetenzen einer DSP. Insgesamt wurden 1.699 solcher Patientinnen betreut, das entspricht einem prozentualen Anteil von 3,2 % (Mittelwert 35; Bereich 1 – 131).
13. Sonstige diab. Formen
Relativ betrachtet wurden eher selten sonstige diabetische Formen betreut; es wurden nur 389 Fälle angegeben. Der prozentuale Anteil lag bei 0,7 % (Mittelwert 12; Bereich 1 – 70).
Fazit
In Anbetracht des erschreckenden Mangels an Daten zur Versorgungsebene 2, die von den DSPen repräsentiert werden, liefert dieser erste Jahresbericht von winDiab erstmalig wichtige Angaben zur Behandlung von Patienten mit Diabetes mellitus in Deutschland. Ergänzt werden soll dieser durch den für Herbst 2008 geplanten endgültigen Jahresbericht 2007, der Daten von deutlich mehr winDiab-Partnerpraxen enthalten wird. Durch diese Arbeit wird gezeigt, dass die Leistungsfähigkeit der niedergelassenen Diabetologen und ihrer Mitarbeiter für die diabetologische Regelversorgung von hoher Relevanz ist: Jede Partnerpraxis hat im Schnitt mehr als 1.000 Patienten pro Quartal betreut; 66 % der betreuten Patienten führen eine Insulintherapie durch; im Jahr 2007 wurden in den Partnerpraxen etwa 300.000 Schulungsstunden erbracht. Diese Zahlen belegen eine differenzierte und qualifizierte ambulante Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus in den DSPen.
Die Zahlen zeigen aber auch, dass es „die“ DSP nicht gibt. Bedingt durch regionale Strukturen und Vertragsbedingungen haben sich DSPen mit unterschiedlichen Leistungsspektren entwickelt. Das Spektrum reicht von hochqualifizierten Schwerpunktpraxen mit drei Diabetologen und fünf Diabetesberaterinnen über Praxisgemeinschaften, die einen Diabetologen im Portfolio haben bis zu kleinen Praxen, die aufgrund klinischer Vorerfahrung auch diabetologisch tätig sind. Eine endgültige Definition darüber, was genau eine diabetologische Schwerpunktpraxis ist, steht noch aus.
Der Jahresbericht 2007 zeigt detailliert die Angaben zur Strukturqualität und im Ansatz auch die Prozessqualität der DSPen. Allerdings macht es die schwierige Datenanalyse zum jetzigen Zeitpunkt nahezu unmöglich, Angaben zur Ergebnisqualität zu machen. Dazu fehlen bislang auch die notwendigen Qualitätsindikatoren, die es noch zu definieren gilt.
Erklärtes Ziel der Initiatoren von winDiab ist, deutlich mehr DSPen aus Deutschland zur Mitarbeit bei winDiab zu motivieren. Darüber hinaus werden über Einzelprojekte und SPOT-Abfragen zu bestimmten Themen Ergebnisse zu definierten Fragestellungen ermittelt. Erste Projekte dazu sind Daten zu Gestationsdiabetes, zum diabetischen Fußsyndrom, zu den durchschnittlichen Insulin-Tagesdosen und Therapie-Schemata bei Typ 2 Diabetes.
Dies ermöglicht Schritt für Schritt, die real existierende ambulante Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus in Deutschland in ihrer gesamten Bandbreite zu erfassen und darzustellen. <<
Von: Gabriele Faber-Heinemann, Dr. Matthias Kaltheuner, Dr. Hans-Martin Reuter, Prof. Dr. Lutz Heinemann