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Im ersten Teil des Aufsatzes haben wir unter dem Titel „Zusammenhang von Digitalisierung und Versorgungsforschung“ die Voraussetzungen diskutiert, die bestehen müssen, um den Versorgungsalltag im Gesundheitssystem abbilden zu können (1). Bildlich gesprochen sind die Funktion einer digitalen Datenautobahn und die der Versorgungsforschung ähnlich: Funktionstüchtige Autobahnen sind wertlos, wenn die Abfahrten geographisch unglücklich angelegt und die verwendeten Fahrzeuge nur bedingt fahr- oder transporttauglich sind. Eine Datenautobahn ist eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Sie eignet sich zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, wenn sie dazu beiträgt, die Gesundheit der Bürger, anstatt nur einen Surrogatparameter, z.B. die Compliance mit den ärztlichen Verordnungen, zu verbessern. Und die Versorgungsforschung hat nur dann Zukunft, wenn sie es schafft, ihren Nutzen für die Gesellschaft zu beweisen. Dazu braucht sie Instrumente, die tatsächlich in der Lage sind, Effekte unter Alltagbedingungen zu beobachten und zu messen, d.h.: Sie braucht einen dreidimensionalen Standard zur Beschreibung komplexer Gesundheitsleistungen.
04.04.2019
Vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Veränderungen wie dem demografischen Wandel und dem Phänomen der neuen Morbidität (Thyen 2009: 14) steht das Gesundheitssystem in Deutschland vor neuen Aufgaben. Der Begriff neue Morbidität beschreibt eine Entwicklung von einem Schwerpunkt auf einfache somatische Erkrankungen in der deutschen Bevölkerung zu einem Anstieg der komplexen chronischen Gesundheitsstörungen in den letzten Dekaden. Die Entstehung ist immer multifaktoriell. Die Therapie ist aufgrund des komplexen und langfristigen Krankheitsverlaufs, der in der Regel somatische und psychische Komponenten umfasst, anspruchsvoll und lediglich von kooperierenden Versorgungsstrukturen zu bewältigen (Schlack 2009: 450). Sowohl institutionelle Rahmenbedingungen als auch therapeutische Behandlungsprogramme müssen auf die aktuellen Versorgungsbedarfe und Versorgungsbedürfnisse der Bevölkerung abgestimmt werden. Mit dieser Herausforderung konfrontiert, fordern nicht nur Leistungserbringer (Schlack 2009: 450, Bundesärztekammer 2010: 27, Ungewitter 2010: 112 ff.), sondern auch Wissenschaft (Sachverständigenrat 2009: 430) und Politik (BMG 2012:66) eine enger verzahnte Versorgungsstruktur. Leistungen sollen niedrigschwellig und bei Bedarf interdisziplinär erbracht werden (BMG 2011:10, 22, 32, 35).