top

Behandlungskostenvergleich bei insulinpflich-tigen Typ-2-Diabetikern im Versorgungsalltag

LIVE-SPP Studie (Long Acting Insulin Glargine Versus NPH Cost Evaluation in SPecialised Practices

Mehr lesen
Erstveröffentlichungsdatum: 01.04.2009

Plain-Text

Diabetes mellitus stellt einen der größten Kostenfaktoren im deutschen Gesundheitswesen dar. Angesichts steigender Leistungsausgaben und stagnierender bzw. rückläufiger Beitragseinnahmen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gewinnen pharmakoökonomische Analysen zunehmend an Bedeutung. Ziel der LIVE-SPP Studie (Long Acting Insulin Glargine Versus NPH Cost Evaluation in SPecialised Practices) war der Head to Head-Vergleich der diabetesspezifischen Gesamtkosten pro Patient und Jahr bei insulinpflichtigen Typ-2-Diabetikern (T2D), die in einem Routine-Versorgungssetting entweder eine Insulin glargin (GLA)- oder eine NPH-Insulin (NPH) basierte Insulinbehandlung erhielten.

>> Im Rahmen einer retrospektiven, nicht-interventionellen, multizentrischen Vergleichsstudie wurden die Ressourcenverbräuche aller insulinpflichtigen Typ-2-Diabetiker von 20 Praxen hausärztlich tätigen Diabetologen bzw. diabetologischer Schwerpunktpraxen im Bereich der KV Nordrhein und Westfalen-Lippe über den Zeitraum vom 01.01.03 – 31.03.06 erfasst. Die Erhebung der Daten erfolgte elektronisch, direkt aus der Praxissoftware (Vollerhebung). Ausgewertet wurden alle Patienten (T2D), die seit höchstens 24 Monaten mit Insulin vorbehandelt und seit mindestens 12 Monaten ununterbrochen mit einer der beiden Vergleichstherapien (GLA/NPH) behandelt worden waren. Darüber hinaus mussten vollständige Informationen über mindestens vier zusammenhängende Abrechnungsquartale vorliegen (2). Die pharmakoökonomische Evaluation erfolgte nach dem Kosten-Minimierungs-Ansatz auf der Preisbasis von 2005 aus Sicht der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die Verordnungen von Arzneimitteln, Nadeln, Blutzucker-Teststreifen, Lanzetten, Heil- und Hilfsmitteln, Schulungen sowie ärztliche Maßnahmen, Facharztüberweisungen und Klinikeinweisungen wurden anhand aktueller Preislisten und Gebührenordnungen monetär bewertet. Der mögliche Einfluss der Ausgangsvariablen Alter, Geschlecht, BMI, HbA1c, Nüchternblutzucker, Diabetesdauer, Dauer der Insulinvorbehandlung, Anzahl der diabetischen Komplikationen und Therapieregime (BOT/ICT) auf die Kosten wurde in univariaten linearen Modellen untersucht. Der finale Kostenvergleich zwischen den Behandlungsalternativen (GLA/NPH) erfolgte adjustiert nach den Basisparametern, die einen signifikanten Einfluss auf die Kosten gezeigt hatten (Kovarianzanalyse). Zur Überprüfung der Aussagekraft der Ergebnisse wurden systematische Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Dazu wurden die Berechnungen mit variierten Inputdaten (± 25%) wiederholt.
Ergebnisse
Die 1.024 Patienten (GLA 512; NPH 512) waren durchschnittlich 62 Jahre alt und hatten folgende Ausgangswerte (Mittelwerte): BMI 30,5 kg/m², HbA1c 7,96 %, Nüchtern-BZ 171 mg/dl, mittlere Diabetesdauer 8 Jahre. 55 % der Patienten waren männlich. Die durchschnittliche Dokumentationsdauer betrug 20,4 Monate (9,1 – 38,8 Monate). Die beiden Behandlungsalternativen (GLA/NPH) unterschieden sich nicht hinsichtlich der soziodemographischen, anamnestischen und medizinischen Parameter. Nur die Anzahl der diabetischen Komplikationen zu Beginn der Dokumentation sowie die unterschiedliche Verteilung der Behandlungsregime (BOT/ICT) in den beiden Therapiearmen (GLA/NPH) hatten einen signifikanten Einfluss auf die Kosten. Die durchschnittlichen empirischen Gesamtkosten pro Patient und Jahr betrugen 1.868 EUR [95%CI 1.744-1.993] unter Insulin glargin und 2.064 EUR [95% 1.923-2.205] unter NPH. Adjustiert nach der Anzahl diabetischer Komplikationen und den Therapieregimen betrugen die Gesamtkosten pro Jahr 1.133 EUR [95%CI 618-1.648] für Insulin glargin bzw. 1.331 EUR [95%CI 1.019-1.644] für NPH. Den größten Anteil an den Gesamtkosten hatten in beiden Armen die Kosten für Insulin sowie für die Blutzucker-Selbstmessung. Die Mehrkosten für das Basalinsulinanalogon wurden jedoch durch Einsparungen bei den Teststreifen sowie bei den Injektionsnadeln kompensiert. Der Kostenvorteil für Insulin glargin blieb selbst nach umfangreichen Sensitivitätsanalysen (± 25%) erhalten. Ähnliche Ergebnisse wurden auch in anderen vergleichenden Kostenanalysen mit Insulin glargin gefunden (3).
Schlussfolgerung
Die Behandlung mit Insulin glargin zeigt tendenziell einen ökonomischen Vorteil gegenüber NPH-Insulin. Die Einsparungen aus Sicht der GKV betrugen unter Insulin glargin 196 EUR (empirisch) bzw. 198 EUR (adjustiert) pro Patient und Jahr. Damit stehen die Ergebnisse im Einklang mit den Resultaten anderer vergleichbarer Kostenerhebungen in Deutschland.

 

von: Prof. Oliver Schöffski, Franz-Werner Dippel, Markus Müller, Lusine Breitscheidel, Prof. Martin Pfohl