top

Eine Querschnittuntersuchung über die Angaben älterer hausärztlicher Patienten zu ihrem Impfschutz

Nach Schätzungen einzelner niedergelassener Ärzte entspricht bei ca. 40 Prozent der Patienten der Impfstatus nicht den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Verlässliche Daten über den Impfschutz ambulanter hausärztlicher Patienten sind jedoch spärlich. Methoden: In dieser Studie wurden standardisiert impfbezogene Daten von Patienten aus 118 hausärztlichen Praxen erhoben. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Erhebung (n=557) legen nahe, dass Impflücken bei älteren hausärztlichen Patienten bestehen und dass Einflussfaktoren von Durchimpfungsraten im hausärztlichen Bereich in Deutschland sowohl patienten- als auch teilweise praxisspezifische Charakteristika aufweisen. Schlussfolgerung: Anhand einer repräsentativen Querschnitterhebung konnten relevante Daten zum Impfschutz erhoben werden. Die vorliegende Untersuchung trägt im Rahmen angewandter hausärztlicher Forschung dazu bei, die Datenlage zu Impfungen bei älteren Erwachsenen zu verbessern.

Mehr lesen
Erstveröffentlichungsdatum: 01.10.2009

Abstrakt: Eine Querschnittuntersuchung über die Angaben älterer hausärztlicher Patienten zu ihrem Impfschutz

Nach Schätzungen einzelner niedergelassener Ärzte entspricht bei ca. 40 Prozent der Patienten der Impfstatus nicht den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission. Verlässliche Daten über den Impfschutz ambulanter hausärztlicher Patienten sind jedoch spärlich. Methoden: In dieser Studie wurden standardisiert impfbezogene Daten von Patienten aus 118 hausärztlichen Praxen erhoben. Ergebnisse: Die Ergebnisse der Erhebung (n=557) legen nahe, dass Impflücken bei älteren hausärztlichen Patienten bestehen und dass Einflussfaktoren von Durchimpfungsraten im hausärztlichen Bereich in Deutschland sowohl patienten- als auch teilweise praxisspezifische Charakteristika aufweisen. Schlussfolgerung: Anhand einer repräsentativen Querschnitterhebung konnten relevante Daten zum Impfschutz erhoben werden. Die vorliegende Untersuchung trägt im Rahmen angewandter hausärztlicher Forschung dazu bei, die Datenlage zu Impfungen bei älteren Erwachsenen zu verbessern.

Abstract: A cross-sectional study on the reporting of immunization coverage of elderly primary care patients

According to estimations of primary care physicians, in about 40 percent of their patients the immunisation coverage does not meet the actual recommendations of the »Ständige Impfkommission« located at Robert-Koch-Institute, Berlin. However, reliable data on the immunisation coverage rates of primary care patients are rare. Methods: In this study, data of primary care patients from 118 general practitioners practices were collected. Results: The representative data collection suggests immunization gaps among elderly primary care patients and that in Germany factors influencing immunisation coverage rates have both patient- and practice-specific characteristics. Conclusion: By means of this cross-sectional study, relevant immunization data in the field of primary health care could be collected. The study contributes to improve the data on the immunisation coverage and their influencing factors of elderly patients.

Literatur

Appel A, Everhart R, Mehler PS, MacKenzie TD (2006) Lack of ethnic disparities in adult immunization rates among underserved older patients in an urban public health system. In Med Care 2006, 44(11):1054-1058. Daniels NA, Nguyen TT, Gildengorin G, Perez-Stable EJ (2004): Adult immunization in university-based primary care and specialty practices. J Am Geriatr Soc 2004, 52(6):1007-1012. Gulich M, Eberhard S, Blankenhorn S, Zeitler HP (2006) Motivation zur Grippeimpfung bei hausärztlichen Patienten in der Saison 2005/2006. In Z Allg Med 2006, 82:334-37. Kerek-Bodden H, Koch H, Brenner G, Flatten G (2000): Diagnosespektrum und Behandlungsaufwand des allgemeinärztlichen Patientenklientels. In ZaeFQ 2000, 94:21-30 Lu PJ, Singleton JA, Rangel MC, Wortley PM, Bridges CB (2005): Influenza vaccination trends among adults 65 years or older in the United States, 1989-2002. Arch Intern Med 2005, 165(16):1849-1856 Nowalk MP, Zimmerman RK, Cleary SM, Bruehlman RD (2005) Missed opportunities to vaccinate older adults in primary care. In J Am Board Fam Pract 2005, 18(1):20-27. Oster NV, McPhillips-Tangum CA, Averhoff F, Howell K (2005): Barriers to adolescent immunization: a survey of family physicians and pediatricians. J Am Board Fam Pract 2005, 18(1):13-19. Piesold V (2007): Impflücken werden größer. In Deutsches Ärzteblatt 2007, 48:2922. Reiter S (2004): Ausgewählte Daten zum Impf- und Immunstatus in Deutschland. In Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz 47 2004:,1144-150 RKI, Statistisches Bundesamt (2004): Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 1, Schutzimpfungen, überarbeitete Neuauflage Rosser WW, Hutchison BG, McDowell I, Newell C (1992): Use of reminders to increase compliance with tetanus booster vaccination. In CMAJ 1992, 146(6):911-917. Sozialministerium Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit dem Landesgesundheitsamt (2004): In Altern und Gesundheit in Baden-Württemberg, Teil 1, S. 98. www.sozialministerium-bw.de Stange KC, Zyzanski SJ, Jaén CR (1998) Illuminating the ‘Black Box’, a description of 4454 patient visits to 138 family physicians. In J Fam Pract 1998, 46:377-389 Szucs TD (2006): Grippeimpfung in Deutschland – eine bevölkerungsbezogene Querschnittsanalyse der drei Influenzasaisons von 2002 bis 2005. In Med Klinik 2006, 101:537-45. Wiese-Posselt M, Leitmeyer K, Hamouda O, Bocter N, Zollner I, Haas W et al. (2006): Influenza vaccination coverage in adults belonging to defined target groups, Germany, 2003/2004. In Vaccine 2006, 24(14):2560-66.

Zusätzliches

Plain-Text

Eine Querschnittuntersuchung über die Angaben älterer hausärztlicher Patienten zu ihrem Impfschutz

Rund 85 bis 90 Prozent der Impfungen werden von niedergelassenen Ärzten durchgeführt. Somit nehmen Allgemeinmediziner neben Pädiatern eine wichtige Funktion bei der Durchimpfung der Bevölkerung wahr (RKI, Statistisches Bundesamt 2004). Da in Deutschland Erwachsenenimpfungen nicht zentral dokumentiert werden, muss anhand von Stichproben (z. B. von Bevölkerungsumfragen oder sero-epidemiologischen Untersuchungen) auf den Impf- und Immunstatus der Bevölkerung geschlossen werden. Beispielsweise waren nach einer deutschlandweiten Telefonumfrage des Robert Koch-Instituts aus dem Jahre 2003 rund 36 Prozent der Zielgruppe gegen Influenza geimpft (Reiter 2004; Szucs 2006); im Jahre 2004/2005 lag die Impfungsrate der über 60-Jährigen deutschlandweit bei rund 43 Prozent (Wiese-Posselt et al. 2006). Nach Schätzungen einzelner niedergelassener Ärzte entspricht bei ca. 40 Prozent der Patienten der Impfstatus nicht den aktuellen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) (Piesold 2007). Genaue Daten über den Impfschutz ambulanter hausärztlicher Patienten sind jedoch spärlich, aber für die Schließung möglicher Impflücken in der hausärztlichen Versorgung notwendig.

>> Die Querschnittuntersuchung fand im Wintersemester 2007/2008 während des zweiwöchigen Blockpraktikums (BP) Allgemeinmedizin statt.
Material und Methoden
Diese praktische Pflichtveranstaltung im fünften Jahr des Medizinstudiums absolviert jeder Studierende zur gleichen Zeit bei jeweils einem der Lehrärzte unseres Lehrbereichs. Zur Einteilung der ca. 140 Studierenden pro 10. Semester kann der Lehrbereich auf ca. 200 Lehrärzte zurückgreifen. Die Zuteilung der Studierenden zu den Lehrärzten richtet sich nach zeitlich-organisatorischen Kapazitäten der Lehrärzte sowie nach den (meist den Ort der Praxis betreffenden) Wünschen der einzelnen Studierenden.
Patienten und Stichprobenumfang: Insgesamt 140 Studierende sollten während dieser zweiwöchigen Ausbildungszeit in einer Lehrpraxis impfbezogene Daten von fünf zufällig ausgewählten Patienten erheben (ein Patient pro Tag, der als erster zwischen acht und neun Uhr in die Sprechstunde kam). Somit war der maximale Stichprobenumfang von n=700 festgelegt (140 x 5). Aufgrund dieser Beschränkung und spezifischer Impfempfehlungen für das höhere Alter (z. B. Pneumokokken-Impfung ab dem 60. Lebensjahr) wurden nur Patienten, die 60 Jahre und älter waren, in die Studie eingeschlossen. Die Teilnahme für Patienten, Lehrärzte und Studierende war freiwillig. Die Ethikkommission gab ihr positives Votum für die Untersuchung. Es wurde bewusst auf die Erhebung des Impfausweis-Status verzichtet, da erfahrungsgemäß die wenigsten Patienten ihren Impfausweis bei sich führen. Ebenso wurde auf die Analyse der Impfdokumentation in der Praxis verzichtet, da davon auszugehen ist, dass vor Ort in der Praxis nicht alle Studierenden dazu in der Lage sind. Sero-epidemiologische Untersuchungen stellen hier eine Ergänzung der Datenlage dar. Sie sind jedoch aufwändig und teuer und erlauben zwar die Bestimmung der Immunitätslage, aber allein nicht die Unterscheidung zwischen stattgehabter Infektion und Impfung. Aus diesen Gründen wurde auf die Angaben der Patienten zu ihrem Impfschutz zurückgegriffen.
Vorgehen und Material: Die Untersuchung wurde in folgenden Schritten geplant und durchgeführt:

1) Information der Lehrärzte über Vorhaben/Untersuchung/Studie
2) Einleitendes Seminar des Praktikums (in 12 Seminargruppen, einheitliche Information) zur Einführung aller 140 Studierenden
• in Hintergründe und Ziel der Untersuchung
• die Aufgabenstellung
• die Arbeitsmaterialien (Informationsschreiben für Studierende, Lehrärzte und Patienten, Erhebungsinstrumente).
3) Vor Ort in der Praxis:
• Koordination und Durchführung der Erhebung/Datenerhebung durch die Studierenden bzw. mit Hilfe der Arzthelferinnen bei der Erhebung der Praxisdokumentationsdaten (siehe unten).
Die Studierenden händigten einen standardisierten Informations- und Fragebogen an die jeweiligen Patienten aus mit der Bitte um Teilnahme an der Untersuchung und Beantwortung der Fragen. Gleichzeitig sollten die Studierenden für jeden der fünf Patienten einen weiteren Fragebogen anhand der Praxisdokumentation ausfüllen.
Der Patientenfragebogen enthielt Fragen zum Impfen und zur Kenntnis über bestehenden Impfschutz für verschiedene Standardimpfungen (z.B.: „Haben Sie einen Impfausweis?“ oder „Haben Sie Impfschutz gegen Grippe/Kinderlähmung (Polio)/Wundstarrkrampf (Tetanus), … ?“ Antworten: ja/nein/weiß nicht): Bezüglich der Variablen des Studierendenfragebogens siehe Tabelle 1.
Die Erhebung dauerte insgesamt etwa zehn Minuten pro Patient.
4) Abschließendes Seminar:
• Abgabe der Materialien
Bei Nichtteilnahme der Studierenden, Lehrärzte und Patienten wurden der Grund, das Alter und Geschlecht erhoben.
Datenanalyse: Zur explorativen Analyse möglicher Zusammenhänge zwischen Zielvariable (Angaben der Patienten über Impfschutz verschiedener Impfungen) und Einflussvariablen (z. B. soziodemografische Variablen, Praxisgröße) wurden x2-Tests für kategorielle Variablen durchgeführt und Odds Ratios (OR, mit 95%-Konfidenzintervall) für dichotome Variablen berechnet. Zur explorativen Auswertung möglicher Unterschiede bei metrischen Variablen wurde der Wilcoxon-Rangsummen-Test eingesetzt, da nicht von Normalverteilungen ausgegangen werden konnte. Die Irrtumswahrscheinlichkeit wurde auf 0,05 festgelegt. Aufgrund des explorativen und Hypothesen generierenden Charakters der Untersuchung wurde auf eine Anpassung der Irrtumswahrscheinlichkeit (multiples Testen) verzichtet. Für die Berechnungen wurde das Statistik-Paket SAS Version 9.1 (SAS Institute, Cary, North Carolina) verwendet.
Ergebnisse
Die gesamte Beteiligungsrate der Studierenden betrug 84 Prozent (n=118, 22 Studierende verweigerten die Teilnahme). 10 dokumentierte Nichtteilnahmeerklärungen von Patienten lagen vor. Da nicht alle teilnehmenden Studierenden exakt fünf Patientenbögen ausgefüllt haben, konnten insgesamt 80 Prozent (n=557) des maximalen Stichprobenumfangs (n=700, 140 Studierende x 5 Patienten pro Studierender) erhoben werden.
Die Häufigkeitsangaben der Patienten zum bestehenden Impfschutz für verschiedene Erkrankungen sind in Abbildung 1 dargestellt.
Zur Übersicht zeigt Tabelle 1 die soziodemografischen Daten der Patientenstichprobe (n=557) und die Angaben der Patienten zu den impfbezogenen Variablen. Zum Beispiel gab ein Viertel dieser Altersgruppe an, keinen Impfausweis zu besitzen oder nicht zu wissen, wo dieser ist.
Praxisbezogene Variablen: Tabelle 2 zeigt die Patientenverteilung in Bezug auf praxisspezifische Charakteristika.
Im Folgenden werden die signifikanten Assoziationen zwischen den Charakteristika und den Angaben der Patienten zum jeweiligen Impfschutz beschrieben:
Berufserfahrung: Die Praxisinhaber waren im Mittel seit 19 Jahren niedergelassen (Median 20 Jahre, Spannweite 4 bis 31 Jahre); bei den Angaben zum Polio- und Pneumokokkenschutz zeigten sich marginale, aber signifikante Unterschiede zugunsten kürzer währender Niederlassung (18,2 und 19,6 Jahre, p=0,02 bzw. 17,7 und 19,4 Jahre, p=0,03).
Praxisart: Unterschiede zwischen den Einzelpraxis- und Gemeinschafts-praxis-Patienten zeigten sich nur bei den Impfschutzangaben gegen Influenza - zugunsten der Einzelpraxis-Patienten (OR 1,6; Konfidenzintervall 1,1 bis 2,4). So gaben 75 Prozent (n=231) der Patienten von Einzelpraxen und 65 Prozent der Patienten (n=153) von Gemeinschafts-praxen an, Impfschutz gegen Influenza zu haben.
Erinnerungssystem: Bei 23 Prozent der Patienten (n=130) gab es in der Praxis ein aktiviertes Erinnerungssystem für Impfungen. Für keine der Angaben zum Impfschutz zeigte sich eine Abhängigkeit vom Einsatz eines solchen Erinnerungssystems.
Praxisgröße: Die Größe der Praxis war nicht signifikant assoziiert mit den Angaben der Patienten zu ihrem Impfschutz.
Praxisort: Siebzehn Prozent der Patienten (n=36) ländlicher Praxen und 24 Prozent der Patienten (n=78) städtischer Praxen gaben an, Impfschutz gegen Pneumokokken zu haben (OR 0,6; Konfidenzintervall 0,40 bis 0,96; p=0,03).
Hausärztlich tätige Internisten: Einundsechzig Prozent der Patienten (n=47) von hausärztlich tätigen Internisten und 73 Prozent der Patienten (n=339) von Hausärzten ohne diese Facharztbezeichnung gaben an, Impfschutz gegen Influenza zu haben (OR 0,6; Konfidenzintervall 0,4 bis 0,97).
Patientenbezogene Variablen: Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der Analysen zu Alter, Behandlungsdauer und Beruf (metrisch und kategoriell skalierte Einflussgrößen).

Da für die verschiedenen Beratungsanlassdiagnosen zum Teil nur kleine Fallzahlen beobachtet wurden (z. T. n<20), wurde auf eine nach Diagnosen geschichtete Analyse verzichtet.
Die Assoziationen von Impfschutzangaben und dichotomen Variablen werden in Tabelle 4 anhand der Odds Ratios dargestellt.
Mit den Impfschutzangaben waren am stärksten assoziiert: 1) die Erinnerung an Impfungen durch den Hausarzt (beispielsweise ging die Angabe, vom Hausarzt an Impfungen erinnert worden zu sein, etwa dreimal so häufig einher mit der Angabe von Pneumokokken-Schutz und etwa doppelt so häufig einher mit der Angabe, Impfschutz gegen Influenza und FSME zu haben). 2) das Vorhandensein eines Impfausweises und 3) die Einstellung zu Impfungen (Ablehnung). Weitere Erläuterungen finden sich direkt unterhalb der Tabelle 4.
Diskussion
Daten aus Deutschland aus dem ambulant-hausärztlichen Bereich zu Impfangelegenheiten sind spärlich. Deshalb wurden in dieser Studie Patienten zu ihrem Impfstatus und potenziellen Einflussfaktoren befragt. Dies geschah mit Hilfe von Studierenden des 10. Semesters im zweiwöchigen Blockpraktikum Allgemeinmedizin. Durch die hohe Beteiligungsrate konnten insgesamt über 550 Patienten aus 118 hausärztlichen Praxen befragt werden. Aufgrund dieser Daten ist nicht von einem Selektionsbias bei den Befragten (Patienten) auszugehen, da die Studierenden den wesentlichen Anteil der drop-outs (16 %) verursachten. Gleichzeitig ist ein Selektionsdruck ausgehend von den Studierenden auf die Patienten unwahrscheinlich. Es ist eine sehr hohe Beteiligungsrate der Patienten anzunehmen.
Das untersuchte Kollektiv ist vergleichbar mit anderen Stichproben im hausärztlichen Sektor (Kerek-Bodden et al. 2000; Stange et al. 1998). Die vorliegenden Ergebnisse sind zum Teil konsistent mit internationalen bevölkerungsbezogenen Untersuchungen und Untersuchungen auf dem primärärztlichen Gebiet und zeigen, dass Durchimpfungsraten assoziiert sein können mit infrastrukturellen, sozialen und persönlichen Faktoren (z. B. Erinnerungssysteme in der Praxis, ethnische Herkunft, Einstellungen der Patienten, Verhalten des Arztes, Alter, Geschlecht, sozioökonomischer Status usw.) (Daniels et al. 2004; Oster et al. 2005; Appel et al. 2006; Nowalk et al. 2005; Rosser et al. 1992; Lu et al. 2005).
Die vorliegende Studie brachte weitere interessante Ergebnisse zu Tage: Insgesamt ist der Anteil der Patienten, die generell Impfungen ablehnt (ein Prozent), als gering anzusehen (Tabelle 1). Die Influenza-Impfung wurde am häufigsten unter den abgelehnten Impfungen genannt. Bemerkenswert ist die Angabe zum Impfschutz gegen Influenza in Höhe von fast 70 Prozent mit nur einer geringen Angabe von Nichtwissen über das Vorliegen von Impfschutz (Abbildung 1). Ähnliches gilt für die Angaben zum Tetanus-Impfschutz mit 74 Prozent. Interessant im Zusammenhang mit der Tetanus-Impfung sind die Angaben zum Diphtherie-Impfschutz, weil die Diphtherie-Auffrischungsimpfung für ältere Erwachsene seit den Neunziger Jahren zusammen mit der Tetanus-Auffrischung empfohlen wird. Diese Simultanimpfung scheint den Patienten nicht bewusst zu sein und drückt sich in dem hohen Anteil von Nichtwissen über Diphterie-Schutz aus. Des Weiteren scheint nach den Impfschutzangaben der Patienten das Bewusstsein für die Standardimpfungen gegen Pneumokokken und FSME noch immer nicht ausreichend verbreitet (Abbildung 1). Eine Recherche hierzu im Epidemiologischen Bulletin des Robert Koch-Instituts (www.rki.de) über die Einführung dieser Impfungen ergab, dass die Pneumokokken-Impfung bundesweit seit 1998 und die Frühsommer-Meningoenzephalitis-Impfung (FSME) in Baden-Württemberg seit 2001 empfohlen werden (Sozialministerium 2004). Aufgrund dieser Angaben kann spekuliert werden, dass befriedigende Durchimpfungsraten bei diesen Impfungen bei hausärztlichen Patienten selbst Jahre nach ihrer offiziellen Empfehlung wahrscheinlich nicht erreicht wurden.
Die hier untersuchten praxisbezogenen Einflussgrößen „Praxisart (Einzel- oder Gemeinschaftspraxen)“, „Zeitspanne der Niederlassung“, „Praxisort“ und „Facharzt Innere Medizin“ scheinen lediglich für einzelne Impfungen Einflüsse darzustellen. Dies ist ebenso der Fall für die patientenbezogenen Einflussgrößen „Beruf“, „Geschlecht“, und „noch woanders als nur beim Hausarzt geimpft worden zu sein“. Die Gründe für diese Zusammenhänge bleiben spekulativ.
Die Angaben der Patienten zu den Fragen „in Besitz eines Impfausweises zu sein“ und „vom Hausarzt an Impfungen erinnert worden zu sein“ stellen die markantesten Ergebnisse dieser Untersuchung dar. Beide Variablen sind konstant positiv assoziiert mit den Impfschutzangaben zu allen befragten Impfungen (Tabelle 4). Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass häufige Beweggründe für spezifische Impfungen die Empfehlung durch den Hausarzt und eine enge Beziehung zum Hausarzt darstellen (Szusc 2006; Gulich et al. 2006).
Zusammen mit den zum Teil relativ hohen Angaben von Nichtwissen über das Vorliegen von Impfschutz (siehe Abbildung 1) ist hier weiterer Aufklärungs- und Informationsbedarf über Impfungen und deren Auffrischungen sowie das gezielte Ansprechen durch Hausärzte implizit.
Nicht weniger interessant sind jene Variablen, bei denen keine signifikanten Zusammenhänge mit Angaben zum Impfschutz gefunden werden konnten (z.B. aktiviertes Erinnerungssystem, Behandlungsjahre oder Anzahl der Arztkontakte), weil die Gründe dieser ausgebliebenen Assoziationen an der Schnittstelle Arzt-Patienten-Interaktion und/oder/bzw. im Praxisablauf zu liegen scheinen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass relevante Daten zum Impfschutz hausärztlicher Patienten und zu möglichen Einflussfaktoren erhoben werden konnten. Die Befragungsergebnisse weisen darauf hin, dass Impflücken bei älteren Patienten von Hausärzten bestehen und dass Einflussfaktoren von Durchimpfungsraten im hausärztlichen Bereich in Deutschland sowohl patienten- als auch teilweise praxisspezifisch sind. Um bestehende Impflücken weiter zu schließen, scheint das gezielte Ansprechen auf den Impfstatus ein entscheidender Einflussfaktor bei Kontakten mit dem Hausarzt zu sein, da weder aktivierte Erinnerungssysteme noch die Anzahl der Arztkontakte mit höheren Impfschutzangaben einhergingen. <<