Abstracts by keywords: Health Services Research
Die politisch formulierten Erwartungen an eine aktive Einbindung, d.h. die Partizipation von Beteiligten und Betroffenen, in die Gesundheits- und Versorgungsforschung sind in Deutschland hoch. Bisher wird jedoch wenig partizipativ geforscht bzw. es existiert wenig Transparenz darüber, ob, wann und wie intensiv Stakeholder im Rahmen von Projekten beteiligt werden, was durch verschiedene Umstände forciert wird.
04.02.2023
Anlässlich der 2019 SpringSchool des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung im April 2019 hat Christian Klose (Ressort „Digitalisierung und Innovation“ des BMG) den Fahrplan des BMG zur Entwicklung des Digitalisierungsgesetzes vorgestellt (1). Diese Präsentation ist aus verschiedenen Gründen wertvoll, obwohl der Grund für die Verbindung von „Digitalisierung und Innovation“ nicht unmittelbar ersichtlich ist. Der Wert zeigt sich bei der Beschreibung der zu beachtenden Determinanten*. Das Institute of Clinical Economics (ICE) e.V. etabliert deshalb eine neue Arbeitsgruppe, die sich mit der praktischen Anwendung des technischen Fortschritts der Telekommunikation in der Versorgungsforschung befasst. In diesem ersten Teil unseres Berichts werden die Vorleistungen der Politik kurz erwähnt und die Vorleistung der Wissenschaft beschrieben: Die Unterschiede zwischen Klinischer Forschung (KF) und Versorgungsforschung (VF).
04.04.2019
Der Umstand, dass bis heute nicht bekannt ist, wie viele Menschen in Deutschland zuhause versterben, wird als Ausgangspunkt der Argumentation zugunsten der Etablierung eines Sterbeortregisters gewählt. Hierfür wird die grundsätzliche Bedeutung – bei durchaus heterogenen Zielsetzun-gen und funktionalem Zweck – medizinischer Register erkennbar gemacht. Deutlich wird, dass von einem Sterbeortregister kurzfristig insbesondere für die Versorgungsplanung und die Gesundheitspolitik, mittelfristig aber auch für die Qualitäts-entwicklung der Versorgung sowie mittel- bis langfristig Erkenntnisse für die Versorgungsforschung und für epidemiologische Studien, ein deutlicher Nutzen zu erwarten ist. Dies betrifft alle Orte (Milieus, Settings) der Versorgung. Um solch ein Sterbeortregister inhaltlich und auch funktional wirkungsvoll auszugestalten, sollte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit transsektoraler Erfahrung über die Pallia-tivversorgung hinausreichend zusammengeführt werden. Indes wäre allein schon die genaue – und jährlich berichtete – Ermittlung des Sterbeortes ein deutlicher und praktisch einfach zu erreichender Fortschritt.
04.04.2019
Die Diagnose Demenz ist für viele Betroffene und deren Angehörige eine enorme emotionale und auch finanzielle Belastung. Gleichzeitig ist sie für die Gesellschaft eine große Herausforderung in kultureller und politischer Hinsicht. Behandlungsmöglichkeiten bestehen nicht. So gilt es für alle Beteiligten, mit Demenz leben zu lernen und Wege zu finden, die ihnen trotz der Krankheit ein gutes Leben ermöglichen (vgl. Klie 2017). Demenz ist die häufigste „psychische“ Erkrankung im höheren Lebensalter und einer der häufigsten Gründe für eine Pflegebedürftigkeit. Die verbreitetsten Formen der Demenz sind zum einen die Alzheimer-Krankheit (ICD-Codes F00. & G30.) und zum anderen die vaskuläre Demenz (ICD F01.), die durch Schädigungen der Blutgefäße des Gehirns verursacht wird. Des Weiteren gibt es sekundäre Formen der Demenz (F02.), z. B. in Verbindung mit Parkinson oder HIV, und nicht näher bezeichnete Formen der Demenz (F04.). Diese fünf ICD-Codes wurden im Rahmen der Analyse herangezogen, um Patienten mit Demenz und einer Pflegestufe zu identifizieren.
04.06.2018
Deutschland hat ein Pflegeproblem. Was lange Zeit im Stillen des täglichen Ringens der Pflegekräfte um eine irgendwie ausreichende Versorgung ihrer Patienten geblieben ist, erreicht nun die Öffentlichkeit und wird im politischen Prozess prominent aufgegriffen. Objektive Belege für den „Pflegenotstand“1 lieferte beispielsweise die von der EU finanzierte RN4CAST-Studie, die von 2009 bis 2011 durchgeführt wurde: Während in den USA eine Pflegekraft im Krankenhaus im Durchschnitt 5,3 Patienten betreute und in Norwegen für 3,4 bis 8,2 Patienten zuständig war, lag der Betreuungsschlüssel in Deutschland zwischen 7,5 und 19,2. Damit waren die besten Einrichtungen in Deutschland nur wenig besser als die schlechtesten in Norwegen. Deutschland ist damit Schlusslicht unter allen betrachteten Ländern.
01.02.2018
In den letzten Jahren sind in Deutschland die Erwartungen an die Versorgungsforschung, vor allem von gesundheitspolitischer Seite, enorm gestiegen [4, 5]. Ursächlich stehen nicht nur allgemeine gesellschaftlichen Entwicklungen, sondern auch die Notwendigkeit durchgreifender Verbesserungsanstrengungen und die Notwendigkeit wirkungsvoller struktureller Innovationen im Vordergrund. Die Versorgungsforschung muss daher ihre konzeptionellen Grundlagen kontinuierlich und nachvollziehbar weiterentwickeln, so wie es in den Memoranden des Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung und in der vollständig neugefassten 2. Auflage des „Lehrbuch Versorgungsforschung“ [2] angestrebt wird.
24.07.2017
Die Gesundheitssysteme der Industrieländer sind extrem komplex. Wer sie verstehen, steuern oder verbessern will, braucht dazu zwingend eine funktionsfähige Versorgungsforschung. Wer außerdem Innovationen im Kontext von Alltagssituationen bewerten will, kommt an einer leistungsfähigen Versorgungsforschung nicht vorbei. Darüber gibt es keinen Dissens in Deutschland. Förderprogramme des BMBF in den Aufbau von Forschungsstrukturen und für die Zusammenführung von Daten sowie die Verankerung des Innovationsfonds im Sozialgesetzbuch zeugen auch von der Bereitschaft, in die Entwicklung der Versorgungsforschung in Deutschland zu investieren. Allein, es fehlt an den notwendigen Rechtsgrundlagen, aufgrund derer Finanzinvestitionen in die Versorgungsforschung zur Entwicklung einer nachhaltigen und leistungsfähigen Forschungsinfrastruktur heranreifen können. Ohne Daten gibt es keine Forschung, und ohne geeignete Rechtsgrundlage fehlt der deutschen Versorgungsforschung der notwendige Datenzugang. Der formale Anlass, um dieses „heiße Eisen“ anzupacken ist gegeben: Die anstehende Umsetzung der europäischen Datenschutzverordnung in deutsches Recht. Der Zeitrahmen dafür ist begrenzt, nämlich bis Ende 2018. Allzu lange sollte die (alte und die neue) Bundesregierung auch aus anderen Gründen nicht warten. Andere Parlamente, etwa im Vereinigten Königreich, haben den internationalen Wettbewerbsdruck längst erkannt und bereits gehandelt. In den nächsten Jahren wird sich entscheiden, ob Deutschland bei ‚Big Data‘ in der Versorgungsforschung führend oder langfristig ein internationales Nischendasein in der Versorgungsforschung führen wird. An dieser Frage wird sich auch entscheiden, ob Deutschland perspektivisch weiter ein Exportland von Gesundheitstechnologie sein oder zu einem Importland werden wird. Wer den Forschungsstandort Deutschland auch im Bereich der Versorgungsforschung an der Weltspitze halten will, muss jetzt die Ressorts Forschung, Gesundheit, Wirtschaft und Inneres dazu verpflichten, ein gemeinsames Aktionsprogramm Versorgungsforschung aufzulegen, welches baldmöglichst vom Bundestag beschlossen werden müsste.
02.12.2016
Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der demografischen Entwicklungen, der zunehmenden Mobilität im Alter sowie der steigenden Anzahl adipöser Menschen, die Arthrosen und damit auch die Implantation von Knieendoprothesen in den nächsten Jahren noch weiter zunehmen wird (Großschädl/Stronegger 2013; Weinstein et al. 2013; König/Kirschner 2003). Bei der Knieendoprothetik handelt es sich um ein hoch standardisiertes Verfahren, das gut dazu geeignet ist, anhand eines Behandlungspfades abgearbeitet zu werden. Durch die Implementierung von klinischen Behandlungspfaden konnte eine Verbesserung des Ablaufs erreicht werden, welcher mitunter dafür verantwortlich ist, dass die Revisionsrate und Verweildauer bei Knieprotheseimplantationen kontinuierlich vermindert wurde (Loftus et al. 2014; König/Kirschner 2003; Lüring et al. 2010). Der Nutzen, den Behandlungsverlauf bei Knieendoprothese darzustellen und sich in der Praxis daran zu orientieren, liegt vor allem darin, dass dadurch eine strukturierte Versorgung der Patienten sichergestellt werden kann (Lüring et al. 2010). Die Analyse spezifischer Routinedaten anhand eines adaptierten Behandlungspfades ermöglicht es, Potenziale im Behandlungsverlauf zu identifizieren und eröffnet Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne eines besseren Therapieergebnisses [Graf/Hofmann 2003; Wirth 2003]. Die wichtigste Datenquelle der Versorgungsforschung in Österreich bilden Routinedaten der sozialen Krankenversicherungsträger. Wenn die Daten gut aufbereitet werden, ist es anhand deren Analyse möglich, Transparenz hinsichtlich Trends und Kosten in der Versorgungsforschung sowie Basiswissen für die Versorgungsplanung zu schaffen (Pfaff et al. 2011; Howell et al. 2009).
31.03.2015
Die positiven Effekte solcher ergotherapeutischer Interventionen, die idealerweise in der häuslichen Umgebung stattfinden, konnten von Graff und Kollegen in einer Studie nachgewiesen werden, wo sich nicht nur die Alltagskompetenz der Erkrankten, sondern auch die Lebensqualität sowohl von Demenzpatienten als auch pflegender Angehöriger verbesserte (8,9). Als weiteren Bereich, bei dem die Ergotherapie eine zentrale Rolle in der Behandlung einnimmt und entsprechend in den Leitlinien gelistet ist, sind rheumatische Krankheiten zu nennen, wie z.B. die rheumatoide Arthritis, die Psoriasisarthritis und die Spondylarthritiden (5). Obgleich positive Effekte ergotherapeutischer Maßnahmen bei diesen Erkrankungen gezeigt werden konnten, fand sich eine abnehmende Tendenz von Heilmittelverordnungen für Rheumakranke in den letzten Jahren (10). Die Ursachen hierfür liegen laut Thieme et al. vermutlich in der Budgetierung der Heilmittel verbunden mit der Angst vor Regressforderungen der Krankenkassen, in der Kompliziertheit der Heilmittelverordnung bei Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherungen, in der geringen Wertschätzung und/oder vermeintlich geringen Evidenz physikalischer Therapien sowie in der langen Zeitkonstante bis zum erkennbaren Wirkungseintritt (10). Das Ziel des vorliegenden Artikels war es deshalb, das Versorgungsprofil der Patienten mit Ergotherapie-Verordnungen in einem 5-Jahres-Zeitraum darzustellen. Hierfür wurden neben der Altersstruktur das Geschlechtsverhältnis, der Lebensraum (Stadt/Land), der Versicherungsstatus sowie die Diagnosen der Patienten untersucht.
24.01.2013
Aktuelle Daten einer Querschnittuntersuchung mit Überweisungspatienten von 29 Hausarztpraxen in Deutschland lassen vermuten, dass rund ein Viertel der Überweisungen auf Wunsch oder Forderung der Patienten stattfindet [1]. Informationen über solche Überweisungen in Deutschland beruhen hauptsächlich auf Meinungsbeiträgen und Erfahrungsberichten. Im offenen Internetsuchdienst Google finden sich zahlreiche Treffer zum Thema, vor allem in gesundheitsbezogenen Publikumsveröffentlichungen und medizinischen Allgemeinpublikationen („medical tribune“, „Ärztezeitung“, etc.). Hiernach werden mitunter Überweisungen ausgestellt, ohne dass ein Arzt-Patient-Kontakt stattgefunden hat [2-3]. Derartige Überweisungen können zu einer Überversorgung führen und somit die Patientensicherheit gefährden sowie die ärztlichen und solidarisch finanzierten Ressourcen belasten.Aufgrund der spärlichen wissenschaftlichen Datenlage für das deutsche Versorgungssystem war es das Ziel der vorliegenden Arbeit Erfahrungen und Meinungen von Hausärzten im Rahmen der aktiven Forderung von Patienten einer Überweisung zu explorieren.