Nach ihrem Zusammenschluss ist die BARMER GEK Deutschlands größte Krankenkasse: Über 8,6 Millionen Menschen sind in Deutschland bei ihr versichert. Als Ziel gibt die Kasse vor, die Marktführerschaft unter allen Krankenkassen Deutschlands nicht nur in der schieren Größe, sondern auch beim Service, bei der Leistung und der Beratung zu erreichen. Dabei spielt für Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, stv. Vorstandsvorsitzender der BARMER GEK, auch die Versorgungsforschung eine gewichtige Rolle.
>> Herr Dr. Schlenker, die Krankenkassen verfügen über einen enormen Schatz an Zahlen, Daten und Fakten, die für die Versorgungsforschung wichtig sind. Mit der Vereinigung der BARMER und der GEK bildet Ihre Krankenkasse eine eigene Abteilung Versorgungsforschung. Was haben Sie denn mit dieser Abteilung vor?
Versorgungsforschung ist zunächst einmal ein vielfältiger Begriff. Für uns reicht dieser Forschungsansatz von der Evaluation einzelner Projekte und Verträge, die einen speziellen Bezug zu einer Versorgungssituation haben, bis hin zur allgemeinen Epidemiologie. Für beide Äste liegen in der BARMER GEK bereits zahlreiche Erfahrungen vor.
Gibt oder gab es da Unterschiede zwischen der BARMER und der GEK, der Sie ja angehörten?
Die gab es natürlich. Die BARMER hat sich mehr auf die Evaluation von Verträgen fokussiert, während die GEK eher auf die Auswertung aller Routinedaten, die in einer Kasse vorhanden sind, spezialisiert war. Beispiel ist hier der letzte GEK-Report zur ambulant-ärztlichen Versorgung mit seinen Detail-Auswertungen der Arztkontakte.
Und diese beiden Äste werden nun zusammengeführt.
Im Vereinigungs- und Fusionsvertrag wurde explizit festgelegt, dass es eine neue Abteilung Versorgungsforschung geben soll. Diese wird das organisatorische Dach über den Aktivitäten der Kasse auf beiden Sektoren bilden - also den eher detaillierten Evaluationsansatz auf der einen Seite und den breiteren, auf Routinedaten gestützten, auf der anderen.
Gibt es dann eine gemeinsame Versorgungsforschungsstrategie?
Wir sind gerade dabei, eine Art Bestandsaufnahme zu machen, denn in der Vergangenheit wurden in beiden Häusern viele Studien durchgeführt. Gleichzeitig werden strategische Ansätze erarbeitet, wie man diese Aktivitäten zunächst ordnen und dann innerhalb der jeweiligen Kategorien weiterentwickeln kann. Dabei wird es immer eine kurz-, mittel- und langfristige Betrachtung geben.
Das klingt nach einer Art Masterplan Versorgungsforschung, wie ihn auch Bundesgesundheitsminister Dr. Philipp Rösler im Titelinterview der letzten Ausgabe von „Monitor Versorgungsforschung“ für die Bundesregierung angedacht hat.
Dieser Prozess hat gerade erst begonnen und wird sicherlich auch in einen Plan münden. So werden wir beispielsweise den Bereich der Epidemiologie - also das, was bisher schwerpunktmäßig von der GEK mit dem Zentrum für Sozialpolitik (ZeS) an der Universität Bremen beziehungsweise mit dem Institut Epidemiologie, Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung (ISEG) der Medizinischen Hochschule Hannover gemacht wurde - auf jeden Fall fortsetzen. Damit sollen der Arzneimittelreport, aber auch der Report über Heil- und Hilfsmittel und sonstige Leistungserbringer von Professor Glaeske sowie der Krankenhaus- und der Ärztereport von Professor Schwartz als Standardwerke erhalten bleiben. Zu nennen ist schließlich auch das jüngste Kind in dieser Reihe, der in Bremen erstellte Pflegereport von Professor Rothgang.
Bisher wurden die Reports herausgegeben, doch was passierte ansonsten mit den gewonnenen Erkenntnissen?
Sie haben Recht, Reports müssen letztlich zu sinnvollen Veränderungen führen, damit sie neben dem Erkenntnisgewinn praktischen Nutzen generieren. Wir werden deshalb in Zukunft mit jedem Report programmatische Aussagen verbinden, sodass mit Herausgabe eines Reports ein neuer Arbeitsprozess beginnt, der die Aufgabe hat, für die Versorgung wichtige Detailfragen näher zu beleuchten. Nehmen wir einmal das Beispiel Pflege und dort die Frage der fachärztlichen Versorgung im Pflegeheim unter Einschluss der zahnärztlichen Versorgung. Das ist ein bisher völlig unterentwickeltes Gebiet, das man anhand von Routinedaten der BARMER GEK nicht nur untersuchen kann, sondern deren Ergebnisse innerhalb des Sozialunternehmens BARMER GEK auch umgesetzt werden müssen. Deshalb wollen wir in Zukunft mehr als bisher über konkrete Versorgungssituationen wissen, sodass wir versorgungsrelevante Anknüpfungspunkte für konkrete Vorhaben definieren können. Teilweise haben wir das schon in den letzten beiden Jahren so gehandhabt, jetzt wollen wir diesen Ansatz systematisieren - natürlich auch im Sinne des Unternehmens. Das gilt auch für die konkreten Detailprojekte, die aus der BARMER-Historie stammen, wie die Studien zu Schmerz und Palliativmedizin oder zur Hospizversorgung. Auch hier wollen wir eine gewisse Ordnung schaffen, denn bisher wurde zu viel punktuell geforscht, ohne eine Strategie vorzudenken. Sicherlich lässt sich aus vielen einzelnen Punkten und Strichen auch ein gutes Bild machen, aber es ist doch viel besser, wenn vorher eine Rohskizze erstellt wurde.
Die Ziele einer Krankenkasse liegen nicht in der reinen Forschung, was der Gesetzgeber ja auch gar nicht erlaubt, der ziemlich genau festgelegt hat, für was Versichertengelder eingesetzt werden dürfen und für was nicht. Einer Kasse geht es doch vornehmlich immer um Wettbewerbsvorteile. Sehen Sie Zielkonflikte, wenn eine Krankenkasse Versorgungsforschung betreibt?
Wahrheit und Klarheit sind hohe Tugenden der Wissenschaft, die wir aber auch instrumental einsetzen wollen. Wir wollen Erkenntnisse für konkrete Versorgungsvorhaben gewinnen, die die BARMER GEK dann im Vertragsweg über Formen des Vertragsmanagements und über Organisationsstrukturen in die praktische tägliche Routineversorgung einbringen will.
Es gibt demnach auch Fragen der Versorgungsforschung, die sozusagen von vorneherein wegfallen, weil sie als Kasse nicht interessant scheinen.
Im Augenblick interessiert uns noch alles. Doch irgendwann müssen wir Schwerpunkte setzen, weil wir als Einzelkasse nicht jede gesundheitspolitische Fragestellung evaluieren können. Allerdings sind wir hier schon viel weiter als andere, wenn sie nur mal an unsere Reports denken. Für das Jahr 2010 wurden zum Beispiel die Schwerpunkte Arzneimittel sowie ambulante ärztliche Versorgung, Krankenhaus und Pflege definiert. Das machen wir nicht alleine, sondern im wissenschaftlichen Beirat, der mit den Unis in Bremen und Hannover besetzt ist.
Stehen denn immer Fragen der Versorgungsqualität oder doch jene der Ökonomie im Zentrum?
Ob Wissenschaftler, Vorstand oder auch leitender Mitarbeiter - im Prinzip interessieren uns bestimmte Fragestellungen der Versorgungspraxis. Dazu zählen generelle Problematiken, aber auch Details wie die aktuelle Situation bei der Hörgeräteversorgung oder die Versorgung mit Inkontinenzartikeln. Bei allen Fragestellungen, ob groß oder klein, gibt es immer Aspekte, die zum einen die Versorgungsqualität betreffen, zum anderen aber die Wirtschaftlichkeit - und gerade letztere spielt bei allen Kassen eine große Rolle. Doch hier liegen wir absolut im Rahmen dessen, was die Politik auch will: von der reinen Nutzen-Bewertung zur Kosten-Nutzen-Betrachtung zu kommen.
Man kann nun - spielen wir einmal Advocatus diaboli - sagen, dass eine Kasse nur sparen kann, indem sie ihren Versicherten Leistungen vorenthält. Und dementsprechend werden eben die Forschungsvorhaben aufgebaut. Was würden Sie dazu sagen?
Das ist, mit Verlaub, Unsinn. Weder bei der GEK noch der BARMER stand jemals die Zielsetzung im Vordergrund, durch Versorgungsforschung Kosten zu sparen. Aber es war eine Erkenntnis vieler evaluierten Versorgungssituationen, dass man Kosten sparen kann, wenn man Behandlungs- und Therapiealternativen miteinander vergleicht. Nehmen wir wieder die Hörgeräteversorgung: Hier gibt es analoge Geräte zum Festbetrag sowie hochelektronische - wenn man nun den tatsächlichen Nutzen den Kosten gegenüberstellt, kommt man zu einer gewissen Relation. Doch die Versorgungssituation wurde doch nicht deswegen unter die Lupe genommen, nur um Geld zu sparen. Das ist niemals die Fragestellung, sondern es geht immer um die Versorgungsqualität als solche.
Was man bei den Rabattverträgen ja nicht immer behaupten kann. Die Frage aufs Exempel: Wie viel haben Sie denn durch die Rabattverträge bei Arzneimitteln wirklich sparen können?
Hier wollen Sie natürlich ein großes Geschäftsgeheimnis der BARMER GEK lüften. Im letzten Jahr haben die BARMER und die GEK etwa 80 Millionen Euro durch Rabattverträge eingespart, wobei es noch ein zusätzliches Potenzial von etwa 20 Millionen Euro gibt. Doch ob die voll ausgeschöpft werden können, ist ungewiss, weil durch das neue Eckpunktepapier der Bundesregierung die Rahmenbedingungen für Rabattverträge erheblich verändert werden sollen. So soll das Substitutionsgebot für rabattierte Arzneimittel gelockert und zudem die Möglichkeit der Aufzahlung eingeführt werden. Gerade die hinter Letzterem stehende Mehrkostenregelung lehnen wir ab.
Doch im Prinzip ist das doch besser für den Versicherten.
Eine Krankenkasse müsste ja eigentlich im Sinne ihrer Versicherten dafür sorgen, dass eine möglichst breite Palette an Medikamenten rabattiert angeboten wird, natürlich immer auch mit dem Ziel, dass gar kein großer Spielraum mehr daneben besteht. Mit dem neuen Eckpunktepapier dürfte aber der bisherige AOK-Ansatz - in dem immer nur das preiswerteste Arzneimittel den Zuschlag erhält und abgegeben werden muss - künftig nicht mehr zum Tragen kommen. Doch der war unter Versorgungsgesichtspunkten auch falsch.
Insbesondere ist das auch für die Patienten ein sehr störender Ansatz.
Die kommende Ausschreibung der BARMER GEK möchte deshalb auch ein ganzes Spektrum von Arzneimitteln berücksichtigen, indem praktisch eine Preisspanne im Rahmen der Ausschreibung definiert wird: Wer innerhalb dieser Preisspanne liefern kann, ist im Boot. Von diesem Ansatz versprechen wir uns eine große Resonanz.
Wann geht die Ausschreibung raus?
Wir müssen erst die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen einarbeiten. Denn wir wollen ausschließen, dass wir die Ausschreibung wieder zurückziehen müssen, weil das jetzt absehbare Gesetz kurzfristig doch noch geändert wird.
Trotz allem sind die Rabattverträge ein Erfolgsmodell?
Absolut. Der Markt hat sich dadurch enorm verändert und auch angepasst, woran man ziemlich gut erkennen kann, wie viel Rendite doch bisher in diesem Markt steckte. Und es ist keineswegs so, dass damit ein mittelständischer deutscher Markt kaputt gemacht wurde. Die meisten generischen Produkte kommen heute aus Indien, Israel oder China, die hiesigen Anbieter sind doch meist nur noch reine Handelsfirmen und haben lediglich noch einen Namen, der deutsch klingt.
Die tatsächlich realisierten Einsparvolumina der Rabattverträge gelten im Prinzip als Betriebsgeheimnis der Kassen. Gilt das auch für Ergebnisse der Versorgungsforschung? Gesetzt den Fall, sie gewinnen dadurch eine wichtige Erkenntnis, die für Ihre, aber auch andere Kassen im Sinne einer besseren Geschäftspolitik verwertbar ist. Würden Sie die Ergebnisse dann veröffentlichen?
Wenn man mit der Wissenschaft und insbesondere Hochschulen zusammenarbeitet, ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Ergebnisse der Forschung frei zugänglich sind. Das ist Teil des Wissenschaftlichkeitsprinzips. Eine andere Frage ist natürlich, wie man Personendaten schützt. Doch da wir meist mit anonymisierten Routinedaten arbeiten, besteht hier keine Gefahr. Daneben gibt es natürlich durchaus so etwas wie Geschäftsgeheimnisse.
Sie würden also einen klaren Unterschied machen zwischen Versorgungsforschung im öffentlichen Interesse sowie Marktforschung für eine bessere Vermarktung kassenspezifischer Angebote?
Das gilt vor allem für die Projektevaluation, die wir selbst durchführen. Da wird natürlich nicht alles preisgegeben, weil es sich ja auch meist um einen konkreten Vertrag handelt.
Kommen wir zur Methodik Ihrer Versorgungsforschung. Was machen Sie denn, wenn Ihre Forschung Ergebnisse liefert, die nicht in Ihrem unternehmerischen Interesse sind? Dann sind Sie doch in einem Interessenkonflikt.
In die konkrete methodische Diskussion möchte ich mich gar nicht begeben, das ist Sache der Wissenschaft. Aber dass wir zum Beispiel im Rahmen der Beauftragung nachfragen, wie die eine oder andere Fragestellung angegangen wird, ist doch logisch. Damit können beide Seiten recht gut umgehen. Die andere, wesentlich wichtigere Frage lautet, was mit den Ergebnissen passiert, die vielleicht nicht so im Sinne des Erfinders sind. Diese Möglichkeit muss man in Kauf nehmen. Ein Beispiel: Wir hatten ein externes Institut mit einer großen Evaluation zum Thema ambulantes Operieren im Verhältnis zu stationären Aufenthalten beauftragt. Doch die Ergebnisse waren zunächst nicht so, wie wir sie uns eigentlich gedacht hatten.
Mal geraten, man nahm an, dass es einen Preisvorteil im ambulanten Bereich geben wird.
Genau. Das war eben nicht so, weder bei der Qualität, noch beim Preis. Dann aber kamen wir zur Erkenntnis, dass in der Erstbetrachtung nicht alle Daten einbezogen waren, wie zum Beispiel weitere Behandlungsnotwendigkeiten bei ambulanten Operationen, Heilmittel oder auch Krankengymnastik. Deshalb haben wir einen zweiten entsprechenden Auftrag vergeben. Doch auch dabei kamen keine herausragenden Ergebnisse für den einen oder anderen Bereich heraus, aber zumindest eine klarere Sicht auf das Problem. So etwas muss man einfach in Kauf nehmen.
Es ist eine Frage, wie man mit den Erkenntnissen umgeht.
Man muss nicht nur Erkenntnisse gewinnen, sondern auch intern im Sinne einer besseren Versorgungsqualität umsetzen.
Wie ist denn bei Ihnen das Verhältnis zwischen Kollektiv- zu Selektivverträgen?
Aus der Geschichte heraus haben wir überwiegend kollektive Versorgungsformen. Entweder alle Kassen gemeinsam oder inzwischen über den Spitzenverband gebündelt - im Prinzip liefen alle über die Kassenärztliche Vereinigung. Mittlerweile gibt es aber viel mehr Möglichkeiten, um Selektivverträge zu vereinbaren, was ja auch so von der Politik gewollt ist. Die BARMER GEK hat dazu eine ganz klare Auffassung: Unter den heutigen Bedingungen betrachten wir immer noch den Kollektivvertrag als Basis, insbesondere für die flächendeckende Versorgung im haus- wie fachärztlichen Bereich. Dafür ist der Kollektivvertrag nach wie vor das Richtige, weil selbst eine große Krankenkasse mit 15 % Marktanteil nicht überall die Versorgung im Einzelnen sicherstellen kann. Die Selektivverträge sind dazu sozusagen die Würze im Vertragsgeschäft. Sie sind das wettbewerbliche Element, das Innovation hervorbringt. Damit haben wir im Grunde genommen ein klares Verhältnis: Kollektivvertrag als Grund- und Basisversorgung und Selektivverträge als Ergänzung.
Nun muss man das Thema Selektivverträge aber auch differenziert angehen.
Die BARMER GEK hat eine Vielzahl von Verträgen: Klassische Fälle sind Integrationsverträge, zum Beispiel im Bereich der Endoprothetik, sprich neue Hüfte oder neues Knie in Verbindung mit Rehabilitation und Physiotherapie. Hier gibt es viele Verträge mit einzelnen Anbietern, aber auch größeren Praxen, in denen bestimmte Behandlungen schwerpunktartig durchgeführt werden. Aktuelles Beispiel: Wir wollen demnächst bundesweit einen Vertrag mit Kinderärzten über die Behandlung von Mandeln mittels Laser abschließen. Das wird ein Selektivvertrag, für den der Leistungserbringer eine gewisse Spezialisierung nachweisen muss.
Wird dieser Vertrag durch Versorgungsforschung begleitet?
Teilweise schreibt der Gesetzgeber schon selbst vor, dass Kassen Evaluation machen müssen oder jedenfalls sollten.
Fällt das unter die Evaluierung von Projekten, die Sie intern vornehmen?
Das wäre der Part „Projekt-Evaluierung“. Im Bereich der Integrationsversorgung ist Evaluierung ja nicht zwingend vorgegeben, aber wir machen das zum Teil trotzdem. Gerade für diesen Vertrag, den ich eben genannt habe, hätte ich schon gerne eine Begleitung durch die Wissenschaft, vor allem unter Qualitäts-, aber auch Sicherheitsaspekten und mit Blick auf die Gesamtwirtschaftlichkeit.
Sie investieren beachtliches Geld in die Versorgungsforschung. Müsste die Politik, die Ihnen diese Aufgabe zuweist, nicht auch für die Finanzierung sorgen?
Wir bekommen keinen Cent aus dem Gesundheitsfonds für den Bereich Versorgungsforschung. Wir müssen also das, was an Aufwendungen für die Versorgungsforschung entsteht, sozusagen aus den allgemeinen Zuweisungen herausschwitzen. Von daher ist es immer ein gewisser Luxus, wenn man Versorgungsforschung betreibt, weil sie ja nicht garantiert, dass Versorgung dadurch wirtschaftlicher wird. Aber hier zählt zunächst einmal der pure Erkenntnisgewinn. Durch die Aufforderung im Koalitionsvertrag bekommt Versorgungsforschung nun mehr öffentliche Aufmerksamkeit. Leider hat die Politik nach wie vor die Finanzierung vergessen. Doch ich bin sehr optimistisch, dass dieser Aspekt noch erkannt und ergänzt wird. Unsere Forderung als BARMER GEK ist: Ein bestimmter Prozentsatz der Zuweisungen aus dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich soll als Mittel für Forschung und Entwicklung wie bei einem ganz normalen Unternehmen dargestellt werden.
Zweckgebunden für den Bereich der Versorgungsforschung?
Sicher. Über die Größenordnung kann man diskutieren. Aber es wäre schon richtig, wenn wir einen bestimmten zweckgebundenen Anteil für Versorgungsforschung hätten.
Halten Sie auch eine Mischfinanzierung von Versorgungsforschungsprojekten für denkbar, etwa als Mischung zwischen Krankenkassen und Pharmabranche?
Bei der Pharmaindustrie sind wir vorsichtig. Diese forscht natürlich zunächst einmal im reinen Eigeninteresse. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll wäre, wenn sich der Kostenträger hier unterhakt. Ich würde eigentlich Distanz wahren wollen, auch wenn es immer Ausnahmen geben kann. <<
Das Gespräch führte MVF-Herausgeber Prof. Dr Reinhold Roski,
das Interview wurde bearbeitet von Peter Stegmaier.