Derzeit leben in Deutschland etwa 250.000 Menschen, die in den letzten fünf Jahren an Darmkrebs erkrankt sind. Das sind 250.000 Menschen, die die beste Behandlung ihrer Erkrankung erwarten. Krebserkrankungen allgemein und Darmkrebs im Besonderen erfordern eine umfassende medizinische Betreuung in der Früherkennung und Behandlung, die ein funktionierendes Zusammenspiel zahlreicher Partner des Gesundheitssystems unabdingbar macht. Die Deutsche Krebsgesellschaft hat deshalb mit der Zertifizierung von so genannten Darmzentren begonnen. Ziel ist es, gebündelte Kompetenz in allen wichtigen Aspekten in der Vorbeugung des Darmkrebses wie auch in der Behandlung betroffener Patienten zur Verfügung zu stellen.
>> So haben in den letzten fünf Jahren knapp 200 Darmkrebszentren in Deutschland das Gütesiegel der Deutschen Krebsgesellschaft erhalten und ebenso ihre Behandlungsdaten dokumentiert. „Die Betreuung der Darmkrebspatienten wird in 199 zertifizierten Darmkrebszentren bundesweit erfasst und transparent gemacht“, erklärt dazu Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Vorsitzender der Zertifizierungskommission Darmkrebszentren. Die Auswertungen dieser Daten dienten neben der Qualitätssicherung auch der Weiterentwicklung einer effektiven Leitlinienarbeit. Denn „vergleichbare und qualitätsgesicherte Kennzahlen sind die Voraussetzung, um die Wirksamkeit von Leitlinien in der Praxis nachprüfbar zu machen“, so Seufferlein weiter.
Eine wichtige Anforderung an ein Darmzentrum besteht in einer Qualitätskontrolle in Form einer permanenten Leistungserfassung anhand anerkannter Qualitätsindikatoren, wie der bereits veröffentlichten S3-Leitlinie für Darmkrebs. „Diesem Anspruch werden die zertifizierten Darmkrebszentren nun in vollem Umfang gerecht. Für sie stellt die S3-Leitlinie nämlich keine unverbindliche Empfehlung dar, sondern sie ist obligate Bewertungsgrundlage und somit Voraussetzung für eine Anerkennung als DKG-zertifiziertes Darmkrebszentrum“, verdeutlicht Prof. Dr. Werner Hohenberger, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft. Dass heute bereits jeder vierte Patient mit einem diagnostizierten kolorektalen Karzinom in einem zertifizierten Darmkrebszentrum versorgt werde, sei von großem Nutzen für die Leitlinienarbeit. „Die breite Datenbasis, die im Benchmarking-Bericht abgebildet wird, ermöglicht die Beurteilung der Umsetzung der S3-Leitlinie“, sagt Hohenberger. Denn aus den Ergebnissen erhalten die Fachgesellschaften eine wertvolle Datenbasis für die Aktualisierung bestehender Leitlinien. Hohenberger: „Wir werden anhand der Daten sehen können, was sich auch in der Tat für die Patienten auszahlt. Die Datenbasis könne so schon in naher Zukunft zu einem wichtigen Instrument einer versorgungsnahen Verbesserung von Therapiestandards werden.“
Zudem bestünde durch die Zertifizierung die Möglichkeit, zeitnah aktuelles Wissen schnell in den klinischen Alltag implementieren zu können. Nicht ganz selbstlos hofft er, dass Patienten dieses in Deutschland einmalige Angebot in Anspruch nehmen und - so Hohenberger - „sich nur noch in zertifizierten Zentren behandeln lassen“. Dann hätten sie die Gewissheit einer, dem aktuellen Wissensstand entsprechenden Behandlung und - so der Präsident Deutsche Krebsgesellschaft weiter - „wir bald eine noch breitere Datenbasis.“
Die Hoffnung ist sicherlich nicht ganz unbegründet, denn schon jetzt lässt sich jeder vierte Patient mit einer Darmkrebs-Diagnose in einem zertifizierten Zentrum behandeln. Nicht von ungefähr begrüßte die Deutsche ILCO - die bundesweite Selbsthilfevereinigung von Stomaträgern und von Menschen mit Darmkrebs - darum von Anfang an die Entwicklung von Darmkrebszentren. Die häufig gestellte Frage „Welche Klinik ist die beste?“ hätte seit langem für Befragte wie Betroffene Probleme aufgeworfen, da es kaum Transparenz in der Qualität gegeben hatte und objektive Informationen eher von Zufällen abhängig waren.
Mit der Schaffung nach einheitlichen Kriterien arbeitender zertifizierter Darmkrebszentren ist für die ILCO jedoch erst der erste Schritt getan. Denn heute, nach knapp fünf Jahren könne noch keine abschließende Bewertung erfolgen, inwieweit sich diese Zentren langfristig auf Überlebenszahlen und Lebensqualität auswirkten. Hierzu seien weitere Auswertungen aus Krebsregistern und auch aus Patientenbefragungen nötig - eine Aufgabe der Versorgungsforschung. So ergibt der kürzlich vorlegte Benchmark-Bericht zwar wichtiges Zahlenmaterial, das den aktuellen Stand für das Auditjahr 2010 (auf Basis der Zahlen aus 2009) präsentiert. Doch erst im nächstjährigen Bericht soll die Entwicklung der Zentren betrachtet werden. <<