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Verweildauerrückgang und Anstieg des Case-Mix-Index: Indikatoren für Leistungsverlagerung?

Mit der Reform der vertragsärztlichen Vergütung des GKV WSG aus dem Jahr 2007 hatte der Gesetzgeber beschlossen, dass die Gesamtvergütungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nach Vereinheitlichung der Preiskomponente vor allem durch die Veränderung des notwendigen Behandlungsbedarfs bestimmt werden. Zur Bestimmung der notwendigen Leistungsmenge sollte deshalb die Zahl und die Risikostruktur der Versicherten mit Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie die Leistungsverlagerung zwischen der stationären und der vertragsärztlichen Versorgung berücksichtigt werden. Deren – vergütungsrelevante - Feststellung erwies sich angesichts der konträren Interessen und mangels einer international etablierten Methodik als komplexes Unterfangen. Nach wie vor werden im Bewertungsausschuss methodische Grundsatzfragen beraten; erst wenn diese gelöst sind, kann das Geld der Leistung folgen. Hieraus ergibt sich die gesundheitsökonomische Bedeutung dieses bislang wenig entwickelten Forschungsbereichs. Mit diesem Beitrag soll die weitere methodische Diskussion anhand einer einfachen Projektion stimuliert werden.

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Erstveröffentlichungsdatum: 23.09.2012

Abstrakt: Verweildauerrückgang und Anstieg des Case-Mix-Index: Indikatoren für Leistungsverlagerung?

Die Arbeitsteilung zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung ändert sich ständig. Konzentration der stationären Behandlung und Verlagerung in die ambulante Behandlung sind erwünscht. Damit auch das Geld der Leistung folgen kann, müssen operationalisierbare Indikatoren für verlagerte Leistungsanteile definiert werden. Verweildauerverkürzung und Fallzahlrückgang bei Anstieg des Case-Mix-Index können solche Indikatoren sein. Berechnungsmethoden und datentechnische Voraussetzungen werden vorgestellt.

Abstract: Cost shifting from inpatient to outpatient care - impact of two indicators: reduced LOS & inceased CMI

As medical progress and increased efficiency of inpatient care keep shifting more care to the outpatient sector questions of respective reimbursement for the outpatient sector need to be answered. While prospective payment of hospitals and of physicians is being adjusted for morbidity it does not yet account for shifted cost. We explore methods to analyse two potential indicators. Reduced length of stay could have shifted up to 450 million Eur cost of physician care in 2008. Also, in 124 diagnostic groups (ICD-10, 3-digits) an increasing case-mix-index was observed while admissions for these diagnoses declined or stagnated and outpatient cases increased. Limitations to a more precise calculation of shifted cost are primarily due to lack of individual patient claims data for both sectors..).

Literatur

Sens, B., Wenzlaff, P., Pommer, G., Hardt, H.: DRG-induzierte Veränderungen und ihre Auswirkungen auf die Organisationen, Professionals, Patienten und Qualität Zentrum für Qualität und Management im Gesundheitswesen. 2009 Stillfried, D., Czihal, T., Jansen, K.: Leistungsverlagerungen zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten – Ein Beitrag zur Methodik der Messung von Verlagerungseffekten und grobe Abschätzung der Bedeutung. Das Gesundheitswesen. 2010, Online unter: http://www.kbv.de/8157.html [08.09.2010 www.dkgev.de/dkg.php/cat/50/aid/6437 [08.09.2010] Expertise der DRG-Research-Group: Online unter: http://www.zi-berlin.de/news/downloads/ExpertisezumG-DRGKatalogeffekt. pdf In EK: http://www.g-drg.de [12.09.2010] Statistisches Bundesamt: Online unter: www.destatis.de (http://www.destatis.de/jetspeed/portal/cms/Sites/destatis/Internet/DE/Content/Statistiken/Gesundheit/Krankenhaeuser/Aktuell,templateId=renderPrint.psml [29.09.2010])

Zusätzliches

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Verweildauerrückgang & Anstieg des Case-Mix-Index: Indikatoren für Leistungsverlagerung?

Mit der Reform der vertragsärztlichen Vergütung des GKV WSG aus dem Jahr 2007 hatte der Gesetzgeber beschlossen, dass die Gesamtvergütungen der Kassenärztlichen Vereinigungen nach Vereinheitlichung der Preiskomponente vor allem durch die Veränderung des notwendigen Behandlungsbedarfs bestimmt werden. Zur Bestimmung der notwendigen Leistungsmenge sollte deshalb die Zahl und die Risikostruktur der Versicherten mit Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich einer Kassenärztlichen Vereinigung sowie die Leistungsverlagerung zwischen der stationären und der vertragsärztlichen Versorgung berücksichtigt werden. Deren – vergütungsrelevante - Feststellung erwies sich angesichts der konträren Interessen und mangels einer international etablierten Methodik als komplexes Unterfangen. Nach wie vor werden im Bewertungsausschuss methodische Grundsatzfragen beraten; erst wenn diese gelöst sind, kann das Geld der Leistung folgen. Hieraus ergibt sich die gesundheitsökonomische Bedeutung dieses bislang wenig entwickelten Forschungsbereichs. Mit diesem Beitrag soll die weitere methodische Diskussion anhand einer einfachen Projektion stimuliert werden.

>> Ein nahe liegender Ansatz zur Feststellung von Verlagerungseffekten ergibt sich aus der Beobachtung einer kontinuierlich sinkenden durchschnittlichen stationären Verweildauer in Deutschland. Es handelt sich um einen langfristigen Trend, der nicht erst seit Einführung der Diagnosis Related Groups (G-DRGs) besteht. Im Jahr 2000 betrug die durchschnittliche Verweildauer über alle stationären Leistungen 9,7 Tage, im Jahr 2009 8,0 Tage.
In der Wahrnehmung niedergelassener Ärzte führt dieser Trend für einige Leistungsbereiche insbesondere seit Einführung der DRGs zu Leistungsverlagerungen in die vertragsärztliche Versorgung und in andere nachgeordnete Versorgungsbereiche.
Methodischer Ansatz
Um den Umfang der durch Verweildauerverkürzungen in den ambulanten Bereich verlagerten ärztlichen Leistungen, z.B. die postoperative Wundversorgung oder die Wiedereinstellung oraler Antikoagulation, für die Zwecke des § 87 a SGB V zu berechnen, muss ein aktueller und pauschaler Indikator herangezogen werden. Als ein angemessener Indikator können die in der DRG-Bewertung enthaltenen kalkulatorischen Arztkosten herangezogen werden, die durch eine Reduzierung der Verweildauern im stationären Bereich eingespart werden.
Zur Berechnung der Mengenkomponente ist die Gesamtzahl der nicht mehr erbrachten stationären Behandlungstage zu ermitteln. Anhand der G-DRG-Fallpauschalenkataloge können die sich zwischen den Jahren 2009 und 2010 ergebenden Veränderungen der kalkulatorischen durchschnittlichen Verweildauer der einzelnen DRGs bestimmt werden. Um die gesamte Veränderung der stationären Belegungstage abschätzen zu können, werden die sich je DRG ergebenen Veränderungen der Verweildauern mit den aktuell zuletzt verfügbaren Fallzahlen (DRG-Statistik 2008 des Statistischen Bundesamtes) multipliziert.
Damit ergibt sich eine vorläufige Mengenkomponente für potentiell in den ambulanten Bereich verlagerte Leistungen. Eine Spitzrechnung kann erst erfolgen, wenn die DRG-Fallzahlen des Jahres 2010 verfügbar sind. Das ermittelte Mengengerüst wird mit einer Preiskomponente wie folgt bewertet. Als Näherungswert für die Arztkosten, die bei der Verweildauerverkürzung im Krankenhaus rechnerisch eingespart werden können, wird der Arztkostenanteil nach Überschreitung der oberen Grenzverweildauer pro DRG herangezogen. Damit wird dem Grundsatz Rechnung getragen, dass Krankenhäuser ihre internen Abläufe so umstellen, dass die Leistung in kürzeren Zeiträumen erbracht werden kann. Die Pro-Tag-Kosten für Fälle mit Überschreitung der oberen Grenzverweildauer fallen daher in der Regel niedriger aus. Die Informationen zur Berechnung der Arztkostenanteile je DRG werden dem Report-Browser 20105 des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) entnommen. Die kalkulatorischen Arztkosten je DRG werden als prozentualer Anteil des Fallerlöses je DRG auf Basis der Bewertungsrelationen und des Einheitlichen DRG-Basisfallwerts 2010 (2.935,78 Eur) berechnet.
Zur Ermittlung der Anteile der Arztkosten, die im stationären Sektor „eingespart“ werden, wird dieser Anteil des Fallerlöses je DRG mit den Pro-Tag-Kosten nach Überschreitung der oberen Grenzverweildauer multipliziert (Abb. 1).
Ergebnis
Das mit der Preiskomponente je DRG bewertete Mengengerüst der durch Verweildauerverkürzung entfallenen Tage je DRG kann als Richtgröße für den Umfang von verlagerten ärztlichen Leistungen in den vertragsärztlichen Bereich aufgefasst werden. In der Summe über alle DRGs ergibt sich nach diesem Verfahren ein Verlagerungspotential in Höhe von 457 Mio. Euro. Aufgegliedert nach Major Diagnostic Categories (MDC) zeigt sich besonders bei den pulmologischen und kardiologischen MDCs ein hohes Potenzial von Leistungen, die in die vertragsärztliche Versorgung verlagert wurden (vgl. Tab. 1).
Für die MDCs „Prä-MDC“, „Neugeborene“ und „Verbrennungen“ wird ein negatives Verlagerungspotential ausgewiesen, das auf die im Durchschnitt erhöhte kalkulatorische Verweildauer der DRGs zurückzuführen ist.
Diskussion
Dieser methodische Ansatz erfordert einen Vergleich der kalkulatorischen Verweildauern, Fallzahlen sowie Arztkostenanteile je DRG für die Jahre 2008, 2009 und 2010. Die Vergleichbarkeit dieser Indikatoren je DRG über mehrere Jahre wird jedoch durch die jährlichen, meist sehr umfangreichen Anpassungen der DRG-Systematik stark eingeschränkt. Nominelle Veränderungen müssen um dem Katalogeffekt bereinigt werden. Der Katalogeffekt bezeichnet gemäß DRG-Research-Group die veränderte Bewertung identischer Fälle in unterschiedlichen G-DRG-Versionen. Zur Kontrolle des Katalogeffekts müssen sogenannte Migrationstabellen genutzt werden, mit der die veränderte Fallzuordnung zwischen DRG-Versionen nachvollzogen werden kann. Dies ist komplex, da Leistungen, die in einem Jahr in ausschließlich einer DRG abgebildet worden sind, im folgenden Jahr in mehrere DRGs eingruppiert werden können, so dass zwischen einzelnen DRGs mehrerer DRG-Versionen eine „m“ zu „n“-Beziehung entsteht. Während sich die Anzahl der DRGs, die in der kommentierten Migrationstabelle des InEK aufgeführt sind, zwischen 2009 (1.187 DRGs) und 2010 (1.195 DRGs) nur geringfügig verändert, enthält die Migrationstabelle 3.494 Einträge.
Dies impliziert eine sogenannte Fallwanderung von einer in durchschnittlich drei verschiedene DRGs. Die gleiche DRG bildet im Jahresvergleich somit in der Regel nicht vergleichbare medizinische Inhalte ab.
Zur Berechnung des Katalogeffekts müssen die in der Krankenhausabrechnung tatsächlich erfolgten Fallzuordnungen je DRG-Version abschließend bekannt sein. In der vorgestellten Berechnung wurde jeweils der Mittelwert der kalkulatorischen Verweildauern von allen DRGs gebildet, die im Jahr 2009 und im Jahr 2010 über die Migrationstabellen einer DRG aus dem Jahr 2008 zugeordnet werden konnten.
Allerdings konnten die einzelnen DRGs nicht gemäß ihrer Fallzahl bzw. Fallwanderung gewichtet werden. Eine solche Gewichtung ist mit den Daten, die durch das Statistische Bundesamt oder das InEK zur Verfügung stehen, nicht möglich. Es bedarf fallbezogener und gruppierungsfähiger Rohdaten, die unter Anwendung eines Übergangsgroupers verarbeitet werden, um eine bessere Vergleichbarkeit der DRGs und der dahinter verborgenen Leistungen über mehrere Jahre zu erzielen. Dieses grundsätzliche Problem kann nur mittels der von den Krankenkassen bereit zu stellenden Einzelabrechnungsdaten gemäß § 301 SGB V aufgelöst werden.
Anstieg des Case-Mix-Index
Der Case-Mix-Index (CMI) gibt den durchschnittlichen ökonomischen Schweregrad der in einem Krankenhaus im Laufe eines Zeitraumes behandelten Fälle an und hat maßgeblichen Einfluss auf die Vergütung der einzelnen Häuser. Im Hinblick auf mögliche Leistungsverlagerungen ist ein Anstieg des CMI potenziell dann relevant, wenn dieser durch eine Verlagerung leichterer Fälle in die ambulante – und insbesondere in die vertragsärztliche - Behandlung entsteht.
Methode
Ein Potenzial für Leistungsverlagerungen wird für Indikationsbereiche unterstellt, für die auf Seiten der stationären Versorgung ein steigender CMI bei einer abnehmenden oder stagnierenden Fallzahl vorliegt und eine zeitgleiche Zunahme der Fallzahlen im vertragsärztlichen Sektor zu beobachten ist.
Gemeinsamer Nenner für eine sektorenübergreifende Betrachtung der Fallzahlen sind die zugrunde liegenden Diagnosen für die Versicherten mit Wohnort in einem KV-Bereich. Zur diagnosenbezogenen Berechnung der Veränderung des CMI in der stationären Versorgung ist daher eine Zuordnung der DRGs zu den Hauptdiagnosen erforderlich. Jede Hauptdiagnose kann (mit den zusätzlichen Nebendiagnosen, Prozeduren, etc.) in unterschiedliche DRGs eingruppiert werden, die entsprechend des DRG-Fallpauschalenkataloges für das jeweilige Jahr jeweils ein Relativgewicht besitzen. Dieses Relativgewicht wird mit der aufgetretenen Fallzahl der DRG multipliziert, um die Case-Mix-Werte für die Hauptdiagnosen zu erhalten. Diese werden auf ICD-3-Steller aggregiert. Für diese Hauptdiagnosegruppen berechnet sich der CMI aus der Summe der Case-Mix-Werte dividiert durch die Summe der Fallzahlen des jeweiligen Jahres. Im Ergebnis resultieren für jede Diagnosegruppe pro Jahr ein CMI sowie eine Fallzahl. Sofern für eine Diagnosegruppe im Vergleich von zwei Kalenderjahren die Fallzahl im stationären Bereich abnimmt oder stagniert und der CMI-Wert steigt, gilt diese als potentiell verlagerungsrelevant.
Die vertragsärztlichen Abrechnungsdaten werden anschließend den stationären Daten gegenübergestellt. Sofern für eine Diagnosegruppe potenziell verlagerungsrelevante Diagnosegruppe im gleichen Zeitraum eine Zunahme der ambulanten Fallzahlen zu beobachten ist, werden diese Diagnosegruppen als verlagerungsrelevant selektiert.
Ergebnis
Für die Kalenderjahre 2007 und 2008 ergibt sich nach dieser Berechnung eine Liste von 124 Diagnosegruppen, die sich als potentiell verlagerungsrelevant gezeigt haben. Ein Auszug der Top-10 dieser Diagnosegruppen, sortiert nach der ambulanten Fallzahl, kann der Tabelle 2 entnommen werden.
Diskussion
Auch bei der Ermittlung des CMI-Anstiegs ist der Katalogeffekt und somit die mangelnde Vergleichbarkeit der Daten im Jahresvergleich ein Problem. Bei dieser Methode ist die Berechnung der CMI-Werte für die einzelnen Diagnosegruppen im Zeitverlauf eine besondere Herausforderung, da die Änderung in der DRG-Systematik beachtet werden muss. Im Zeitverlauf können sich nicht nur die Inhalte der einzelnen DRGs ändern, sondern insbesondere auch die Relativgewichte der DRGs. Die Katalogeffekte erschweren somit in vielerlei Hinsicht die Berechnung der CMI-Werte für die Diagnosegruppen, so dass ohne die durch einen Übergangsgrouper klassifizierten Rohdaten ein entsprechender Vergleich über mehrere Jahre kaum möglich ist.
Bei der Interpretation der ambulanten Fallzahlen und deren Veränderung auf der Ebene von ICD-10-Dreistellern ist zu berücksichtigen, dass je Behandlungsfall mehrere ICD-10-Diagnosen kodiert werden können. Im Gegensatz zu den stationären Behandlungsfällen, bei denen je DRG genau eine Hauptdiagnose dokumentiert wird, ergibt sich bei den ambulanten Behandlungsfällen eine Mehrfachnennung einzelner Behandlungsfälle bei der Aggregation auf ICD-10-Diagnosen.
Fazit
Die hier vorgestellten Ergebnisse auf Basis aggregierter Routinestatistiken lassen die jährliche Dynamik der intersektoralen Arbeitsteilung und deren ökonomischen Relevanz erahnen. Ein unmittelbarer Rückschluss auf die Höhe der erforderlichen Anpassung der vertragsärztlichen Gesamtvergütung gemäß § 87a Abs. 4 SGB V kann daraus erst nach Überprüfung der Ergebnisse auf der Grundlage einer Kontrolle des Katalogeffekts gezogen werden. Dies erfordert die Gruppierung von Rohdaten gemäß § 301 SGB V mit den für die betrachteten Kalenderjahre relevanten DRG-Übergangsgroupern. Diese datentechnischen Voraussetzungen müssen von den Krankenkassen geschaffen werden.
Um Leistungsverlagerungen im Sinne des § 87a Abs. 4 SGB V nach den Vorgaben des 15. Erweiterten Bewertungsausschusses vom 02.09.2009 zu quantifizieren, konzentrierten sich methodische Überlegungen bisher auf die statistische Ermittlung des Umfangs von Leistungen
• für Behandlungsfälle die vollständig zwischen den Sektoren verschoben wurden (nicht mehr stattgefundene stationäre Fälle; zusätzlich stationär behandelte Fälle),
• die im Zuge der Anpassung des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs noch nicht berücksichtigt worden sind.

Ein erster Vorschlag hierzu ist bereits mit der Methode der ver-sichertenbezogenen Bilanzierung an anderer Stelle vorgestellt worden.

Die hier vorgestellten Ansätze erweitern das methodische Spektrum. Sie können dazu beitragen, die Plausibilität der bisher als verlagerungsrelevant gefundenen Leistungsbereiche zu überprüfen. Bisher kann mit den vorgestellten Ansätzen für sich genommen aber nicht sichergestellt werden, dass „eine Verlagerung aus dem stationären Sektor in die vertragsärztliche Versorgung nur insoweit gemessen wird, wie sie nicht bereits im Rahmen der Messung der Veränderung der Zahl und Morbiditätsstruktur der Versicherten berücksichtigt wird“ und dass „eine Verlagerung aus dem stationären Sektor in die vertragsärztliche Versorgung nur insoweit berücksichtigt wird, wie der Behandlungsbedarf innerhalb der morbiditätsbezogenen Gesamtvergütung betroffen ist und hierbei die möglichen Verlagerungseffekte innerhalb von Selektivverträgen angemessen berücksichtigt werden“.
Dafür ist einerseits eine sektorenübergreifende und versichertenbezogene Datengrundlage notwendig, mit der entsprechende Einflussgrößen kontrolliert werden können, anderseits muss auch der methodische Ansatz zur Quantifizierung von Leistungsverlagerungen populationsbezogen ausgestaltet sein.
Da im Bewertungsausschuss noch immer Auseinandersetzungen um methodische Grundsatzfragen geführt werden, beabsichtigt der Gesetzgeber als Maßnahme der Ausgabenbegrenzung im Rahmen des GKV-Finanzierungsgesetzes (GKV-FinG), die Berücksichtigung der Verlagerungseffekte nach § 87a Abs. 4 Nr. 3 SGB V für die Jahre 2011 und 2012 auszusetzen. Dies gibt die Möglichkeit, eine fundierte Berechnungsmethode zur Ermittlung intersektoraler Leistungsverlagerungen zu definieren. Gelingt dies nicht, droht der Rückfall in ein ineffizientes Nebeneinander sektoraler Budgets. <<