Das Unternehmen Roche Diagnostics Deutschland veranstaltet seit zwei Jahren das wissenschaftliche Symposium „Diabetes Mediendialog“ in Fortführung der „Elmauer Gespräche“. In diesem Jahr stand das Metathema „Diabetes Management“ mit der Fragestellung „Eine unterschätzte Innovation?“ im Fokus der Veranstaltung, zu der rund 50 Fach- und Publikumsjournalisten gekommen waren. Das Programm spannte sich von der Darstellung aktueller Studienergebnisse über das Diabetes Management im Praxisprozess bis hin zur Betrachtung der ökonomischen Bedeutung aus Sicht einer Krankenkasse sowie der Fragestellung, welche Innovationshemmnisse die Umsetzung neuer Ideen in der Medizin generell entgegenstehen.
>> In seinem Vortrag „Innovationen in der Medizin: Paradigmen wechseln langsam“ (s. S. 14) hat Prof. Dr. Florian Steger vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sehr plausibel aufgezeigt, warum es oft sehr lange dauert, bis innovative Ideen in die praktische Alltagsversorgung eingehen. Was sind die Innovationshemmnisse beim Diabetes Management, das diesmal im Fokus ihres jährlichen „Diabetes Mediendialogs“ stand?
Die Hemmschwelle im Diabetes Management ist aus meiner Sicht vor allem dem Fakt geschuldet, dass es zwar viele Ärzte gibt, die einen hohen Nutzen im Diabetes Management für ihre Patienten und ihre Praxisorganisation sehen, aber ebenso viele, die sich immer noch auf den Standpunkt stellen und sagen: „Das kostet mich nur Zeit.“
Und Zeit ist eben Geld.
Aber ebenso eine Frage der richtigen Delegation an die richtigen Angestellten mit der entsprechenden Qualifikation.
Die Diabetesberaterinnen müssen aber schon Disease-Management-Programme und Schulungen betreuen. Und nun auch noch Diabetes Management?
Daraus entsteht zuerst einmal ein Spannungsfeld. Das wird dann aufgelöst, wenn Arzt und Diabetesberaterinnen erkennen, dass Diabetes Management nichts anderes ist als ein sehr strukturierter Behandlungspfad innerhalb der Praxis. Richtig implantiert kostet dieses strukturierte Herangehen keine Zeit, sondern verschafft dem Arzt sowohl die Zeit, als auch die Freiheit, sich den Aufgaben widmen zu können, für die er höchst qualifiziert ist; während all die Aufgaben, für die er im Prinzip überqualifiziert und damit – aus ökonomischer Sicht - einfach zu teuer ist, zurück- oder bei Bedarf eben auch vordelegiert werden können.
Dieser Workflow bedeutet eine oft hohe Anfangsinvestition.
Aber eine, die sich in Effektivität und Effizienz auszahlt. Andererseits gibt es aber auch noch viele Ärzte, die mit ihrem Workflow noch gar nicht so fit sind, wie sie es sein müssten.
Es gibt eben ein Manko in der Prozessoptimierung, was das Beratungsunternehmen A.T. Kearney (s. „MA&HP“ 02/12) in einer aktuellen Studie im Prinzip dem ganzen Gesundheitssystem bescheinigt, allen voran dem Krankenhaus- und Arztsektor, in dem die ärztliche Kompetenz zu einem immens hohen Prozentsatz in Verwaltung fehlallokiert wird.
Das Thema Prozessoptimierung ist im Bereich Gesundheit noch ziemlich neu, auch wenn die Industrie da schon sehr viel weiter ist als andere Akteure im System. Doch Prozessoptimierung kann man aus zwei Sichtweisen betrachten. Aus jener der Ökonomie, also wenn – nun übertragen auf Diabetes Management - ein Arzt zu Recht sagt, dass ihm der Faktor Zeit wichtig ist, weil er eine bestimmte Zahl an Patienten behandeln muss, um eine wirtschaftliche Basis zu erreichen. Oder aus jener der Qualität, die sicher für wesentlich mehr Ärzte das tragende Argument sein wird. Die Kunst wird es aber in jedem Fall sein, mit weniger Zeiteinsatz eine noch bessere Therapie als bisher erzeugen zu können.
Wie wollen oder können Sie das unterstützen?
Indem wir viel stärker als bisher in die Prozessberatung gehen. Wir werden Ärzten helfen, ihre Praxisabläufe konsequent zu optimieren – so sie dies denn wollen. Das beginnt schon damit, dass unbedingt sichergestellt werden muss, dass der Patient auch wirklich mit seinem Blutzuckermessgerät in die Praxis kommt. Das erfordert Kommunikation. Wenn er das Gerät mitbringt, was derzeit leider viel zu häufig nicht der Fall ist, müssen die in ihm gespeicherten Daten ausgelesen werden - entweder gleich am Empfang oder im Labor, in dem andere Parameter erhoben werden. Diese Daten müssen dann in einen Workflow integriert werden. Zuerst muss sich die – natürlich entsprechend geschulte - Diabetesberaterin mit den dann visualisierten Daten auseinandersetzen und diese für den Arzt nach unterschiedlichen Kriterien aufbereiten.
Was sicher den Willen benötigt, ärztliche Leistungen zu delegieren.
Aber nur die, die man auch wirklich delegieren kann. Schon heute gibt es in einigen Praxen Diabetesberaterinnen, die einen großen Teil des Diabetes Managements erledigen. Das geht bis dahin, dass sie Therapie- und Insulinanpassungen selbst vornehmen; der Arzt im Prinzip nur noch drüber schaut und unterschreibt. Das ist natürlich von Arzt und Arzt und Praxis zu Praxis verschieden. Doch im Endeffekt ist es das einzig vernünftige, Standardprozesse an Diabetesberaterinnen zu delegieren. Doch das wird nur gelingen, wenn gleichzeitig festgelegt wird, wann und wo der Arzt ins Spiel kommt – nämlich dann, wenn wichtige Entscheidungen getroffen werden müssen oder die ausgelesenen Daten so aus dem Ruder laufen, also wirklich ein gut ausgebildeter Arzt gefragt ist. Wer sich an eine solche Struktur hält, bekommt im Gegenzug ein Mehr an Effizienz, um die es uns im Sinne der Qualität, aber auch der Ökonomie gehen muss.
Nun wird das Gros der Patienten nicht beim auf die Indikation geschulten Diabetologen behandelt, sondern beim Hausarzt.
Der höchste Nutzen an Versorgungsqualität wird darum therapeutisch als auch ökonomisch beim Hausarzt zu erzielen sein, denn die meisten diabetologischen Schwerpunktpraxen arbeiten schon ziemlich strukturiert.
Die Gretchenfrage wird lauten: Wie können Sie den vollversorgenden Hausarzt davon überzeugen, dass ein stärkerer Grad an Automatisierung und Prozessoptimierung eben nicht seine ärztliche Selbstbestimmung einschränkt, sondern ihm Zeit und Freiheiten verschafft.
Alleine das automatische Einlesen der elektronisch verfügbaren Daten und die erst dadurch mögliche Blickdiagnostik helfen schon, zu einer besseren Therapie zu kommen. Beispielsweise hat die STEP-Studie deutlich gezeigt, dass der normal geschulte Hausarzt mit einem Diabetespatienten wenig macht, weil er sich – das ist aber nur zu vermuten - nicht sicher genug ist, welche Therapieanpassung er überhaupt ansteuern soll. Darum wird es wohl en gros eher so sein, dass erst dann eine - eigentlich früher nötige und dann auch wesentlich sinnvollere - Therapieanpassung geschieht, wenn es zu einer stärkeren Entgleisung gekommen ist. Denn erst dann wird sich der Patient aktiv beim Arzt melden, vielleicht aber auch zum Diabetologen oder am Ende ins Krankenhaus gehen.
Dieser Etagenwechsel kostet Geld.
Das ist vor allem eine vertane Chance. Denn der Patient verliert Zeit, Lebensqualität und Steuerbarkeit. Gerade in der Diabetologie gilt: Je früher eine vernünftige Therapie einsetzt, desto besser sind die Aussichten. Auch das hat die STEP-Studie klar gezeigt: Auch ein normal geschulter Hausarzt kann mit Blickdiagnostik auf gut aufbereitete Visualisierungen erkennen, worum es geht. Damit bekommt der Hausarzt das Maß an Informationen, mit dem er eine Therapieveränderung vornehmen kann.
Also wird es darum gehen, dem „Normal-Arzt“ ein Mindestmaß an Informationen an die Hand zu geben, das ihn befähigt, sinnvolle Therapieveränderung vorzunehmen, anstatt einfach zu warten, bis wirkliche Entgleisungen eskalieren, um die sich dann schon ein Spezialist kümmern wird. Können Sie sich denn ein stringentes Modell vorstellen, auf Grund dessen sehr schnell leitlinienbasierte Entscheidungshilfen gegeben werden können? Gerade für niedergelassene Ärzte, die im Zweifel eben nicht ein sehr strukturiertes Fachwissen parat haben wie Diabetologen?
Darauf versuchen wir aus Industriesicht hinzuarbeiten. Dazu muss es aber eine entsprechende Leitlinie geben, in der eine strukturierte Testung vorgeschrieben ist.
Nun werden Kritiker sagen: Klar, weil das das Geschäft von Roche ist.
Das ist auch richtig. Teststreifen waren unser Business und sind es auch noch heute. Doch während früher nahezu unstrukturiert getestet wurde, haben wir - auch durch den AMNOG-Prozess - erkannt, dass strukturierte Testungen viel mehr Sinn machen - was übrigens auch neuere Studien zeigen. Doch dafür braucht man erst einmal Patientencluster.
Und die gibt es nicht?
Es gibt die schon, nur haben sie bei uns – anders als beispielsweise in Italien oder Finnland - noch keinen Eingang in Leitlinien gefunden.
Wozu braucht man Patientencluster?
Die Einteilung in Typ 1 oder Typ 2 Diabetes reicht einfach nicht mehr. Wer Diabetes effizient behandeln will, muss differenzierter vorgehen, denn nur dann wird höchste diagnostische Transparenz ermöglicht, die im zweiten Schritt beste therapeutische Ableitungen erlaubt.
Dazu benötigen Sie in der Fachwelt erst einmal einen Konsens.
Der ist leider ein wenig schwierig zu bekommen. Wir bringen natürlich in unseren Advisory-Working- und Opinion-Leader-Groups viele diabetologische Koryphäen in ganz Deutschland zusammen. Hier wurden auch schon einzelne Vorschläge erarbeitet, die dann über die Gruppen-Leitungen via Konsensuspapiere an die jeweiligen Fachverbände gegangen sind.
Womit wir beim Anfang wären: Wo sind denn die größten Widerstände zu verorten?
Vielleicht sind andere Länder einfach etwas stringenter organisiert. Bei uns gibt es einfach kein Gremium, das allgemeingültige Leitlinien verabschiedet. Was nicht heißen soll, dass überhaupt nichts passiert. Es gibt ja Leitlinien, die durchaus differenzierte Therapien vorsehen; aber eben keine, die eine stärkere Differenzierung in der Diagnostik vorsehen, auf Basis deren Ergebnisse erst eine effizientere Therapie umgesetzt werden kann.
In Konsequenz könnte es sinnvoll sein, das Diabetes Management von einem manuellen auf einen automatisierteren Status zu überführen.
Was heute schon möglich wäre. Moderne Blutzuckermessgeräte sind so etwas wie kleine Computer. Wenn ein Patient eine strukturierte Testung durchführen muss, könnte der Arzt oder der Patient das auf dem Blutzuckermessgerät eingeben, das ihn dann aktiv an die Messung erinnert. So würde ein 7-Punkte-Profil – also eine Messung an 7 Tagen die Woche zu den immer gleichen Zeitpunkten – wesentlich genauer umgesetzt werden können.
Quasi eine Art Patientensteuerung über die Hardware?
Absolut richtig. Auch wenn wir das Patienten-Selbstmanagement nennen. Das würde mit unseren Geräten schon heute funktionieren. Es ist natürlich so, dass wir hier einen veritablen Innovationsvorsprung haben, weil wir uns eben seit vielen Jahren, ja Jahrzehnten immer wieder mit der Frage beschäftigt haben, wie man aus diagnostischen Werten einen noch höheren therapeutischen Nutzen ziehen kann. Einen einzelnen Messpunkt zu generieren, ist doch heutzutage keine Innovation mehr.
Was auch die berechtigte Kritik an der Blutzuckermessung widerspiegelt.
Das haben wir schon immer gesagt: Der Messpunkt an sich bringt ja auch keinen Zugewinn. Erst wenn aus Daten ein therapeutischer oder medizinischer Mehrwert abgeleitet wird, entsteht Nutzen. Genau damit beschäftigen wir uns.
Der Weg verläuft in ihrem Falle vom Teststreifen, über den über Hardware ermöglichten diagnostischen Messpunkt zu einem Versorgungssystemanbieter. Ist die Zeit reif, sich von einem Produkt- hin zu einem - sagen wir - „Prozesskultur-Enabler“ im Bereich des Disease Managements zu entwickeln?
Wir gehen durchaus davon aus, dass unsere Zukunft als Diabetes Management-Provider zu sehen ist. Wer das sein will, braucht zum einen Basisleistungen: Eben eine einfache und sichere Messung, die möglichst qualitativ hochwertige Messpunkte erzeugt.
Was aber heute fast jeder Anbieter kann.
Fast jeder. Das ist heute nur mehr das Eintrittsticket in den Markt. Doch darüber hinaus kommen auch nur ganz, ganz wenige. Nur der, der den nötigen Versorgungsprozess in seiner Gesamtheit und Komplexität begreift, kann einerseits für den Patienten aus einem generierten Wert den höchsten medizinischen Nutzen und andererseits für sein Unternehmen die höchste Wertschöpfung erzeugen.
Das führt Sie ganz klar weg von dem klassischen, tradierten Geschäftsmodell eines Diagnostika-Anbieters.
Wir werden uns viel stärker als früher am medizinischen Mehrwert orientieren und messen lassen müssen. Anders gesagt: Nur wenn wir den medizinischen Mehrwert messbar machen, werden wir sicherstellen können, dass wir auf dieser Basis fair honoriert werden.
Wer diese Nutzen-Argumentation nicht stichhaltig generieren kann, könnte sein Geschäftsmodell auch dahingehend optimieren, Messpunkte mit dem günstigst zur Verfügung stehenden Blutzuckermessgeräten und Teststreifen zu erzeugen. Stichwort: Teststreifen der Kategorie B.
Man kann damit einen Blutzuckerwert generieren, der in einer gewissen Bandbreite sogar eine akzeptable Qualität ergibt. Wem reicht das heute noch? Wer in der Überleitung eines Wertes in eine sinnhafte Therapieoptimierung eine Chance erkennt, sollte darüber nachdenken.
Und stratifizieren.
Wenn aus einer Testung sowieso keine Konsequenz gezogen wird, reicht die billigst mögliche. Am besten wäre es für das gesamte Gesundheitssystem, dafür gar kein Geld auszugeben. Darum bin ich an dieser Stelle dem G-BA sogar dankbar, dass er mit seiner letztjährigen Entscheidung der Verschwendung einen Riegel vorgeschoben und den verschreibenden Arzt angehalten hat, sich wesentlich exakter mit dem Diabetes zu beschäftigen. Auch das ist absolut im Einklang mit den Ergebnissen der STEP-Studie, die klar gezeigt hat, dass mit einem strukturierten Einsatz an Teststreifen ein besserer Outcome erzeugt werden kann. Der Begriff „Outcome“ ist an dieser Stelle elementar, weil eben nicht der Teststreifen oder der damit gewonnene Wert an sich wichtig ist, sondern einzig und alleine die damit mögliche Effizienzsteigerung.
Im Endeffekt müssen Sie von der Einzelhonorierung eines Teststreifens auf eine Gesamthonorierung per integrierter Vertragsform kommen.
Ob das eine integrierte Vertragsform sein muss, sei dahingestellt. Wichtig ist ein Entlohnungssystem, welches den medizinischen Mehrwert belohnt, den man klinisch belegen können muss. Ein solches Honorierungssystem, das natürlich auch den Arzt einschließen muss, wäre in der Diabetologie sehr wünschenswert und für das gesamte Gesundheitswesen ein großer Schritt.
Gibt es erste Ansätze?
In anderen Indikationen gibt es durchaus Vorreiter; und in der Diabetologie sind wir am Start. Aber ich will hier nicht zu viel verraten.
Auch weil Sie sich an einem Scheideweg für die Industrie befinden?
Die Hauptfrage lautet doch: Wer kann, wer nicht? Und wer kann wann?
Verfügen Sie denn über die richtigen Studien, die diesen Mehrwert evidenzbasiert aufzeigen können? Wenn ich mir die neue, von Roche initiierte „VISION“-Studie ansehe, fehlt zum Beispiel ein Kontrollarm, der diese Studie zu einem RC-Trial der nun einmal höchsten Evidenzklasse machen würde.
Ziel der Studie war es, einen guten Einblick in die Versorgungsrealität zu erhalten und Real-World-Daten zu gewinnen. Die Vorgaben der Studie an die Patientenbetreuung wurden deshalb auf ein Minimum reduziert und ein Pre/Posttestdesign ohne Kontrollgruppe gewählt.
Gibt es noch andere zu identifizierende Innovationshindernisse, die sich in Deutschland etabliert oder im System auch manifestiert haben?
Es gibt heute noch eine Ärzte- und auch Patientenschaft, die altersbedingt einfach gewisse Hemmnisse gegenüber IT-Lösungen hat - dazu gehört modernes Diabetes Management als Ausformung einer elektronisch gestützten Prozesskultur nun einmal. Doch je mehr jüngere Ärzte und Patienten mit den neuen Medien und den dazu gehörigen Hardwares wie Smartphones und Navigationsgeräten heranwachsen, werden Berührungsängste schwinden und irgendwann der Nutzen überwiegen.
Verlangt eine so grundlegende Veränderung eine Incentivierung?
Das Incentive für den Arzt ist ein Mehr an Ökonomie bei einer verbesserten Therapie in Einklang mit höherer Patienten-Zufriedenheit. Darüber hinaus könnte man Ärzten natürlich auch finanzielle Anreize verschaffen, wenn sie ihren normalen Praxisablauf entsprechend verändern. Man sollte auch über eine Erstattungsfähigkeit für Diabetes Management nachdenken, sofern belegt werden kann, dass hier medizinischer Mehrwert generiert wird. Damit wären schon viele Hürden genommen.
Welche Wege gehen Sie zur Zeit?
Der Weg führt uns zunächst zu den Kassen, die immer mehr erkennen, dass über Diabetes Management weniger Spätfolgen ermöglicht oder eben Etagenwechsel verzögert werden können. Mit zunehmender Diabetes-Inzidenz wird man an der Erkenntnis nicht vorbeikommen, dass die Diabetes-Epidemie nur durch konsequente Prozessoptimierung finanzierbar sein wird.
Da hilft die Ökonomie?
Kassen wissen genau, dass ein schlecht eingestellter Patient, wenn er hospitalisiert werden muss, schon im ersten, auf alle Fälle im zweiten Jahr mehr Kosten verursacht, als jedes Diabetes Management im Vorfeld.
Könnten Sie sich vorstellen, den Prozesskreis des Diabetes Managements als eigenständige Therapieoption zuzulassen?
Absolut. Dazu muss aber im Gesundheitssystem die Erkenntnis wachsen, dass nur strukturierte Kreisläufe wirkliche Effizienzen bringen. Das heißt auch, dass Sektorengrenzen überwunden und an den Übergängen Shake-Hand- und Abrechnungs-Vereinbarungen etabliert werden müssen. Da - böse gesagt - die einzig nachwachsende Ressource die Diabetiker sind, wird aber kein Gesundheitssystem auf dieser Welt um nur so erzeugbare Effizienzgewinne herum kommen. Deswegen ist nach meiner Ansicht die Zeit einfach reif, aus einzelnen Messpunkten oder einzelnen Medikationen zu neuen Prozesskulturen zu kommen.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Decker. <<
Das Interview führte MVF-Chefredakteur Peter Stegmaier