Konzept zur kontinuierlichen Selbstmanagement-Betreuung von Patienten mit Typ-2-Diabetes
Die Konditionierung unserer Ärzte und anderer Heilberufler, die mit der Beratung von Patienten zu tun haben, ist auch heute noch stark geprägt durch die Zeit, in der die Akutversorgung im Vordergrund jeglichen ärztlichen Handelns stand. Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts waren es in der Regel Infektionskrankheiten und Verletzungen, an denen Menschen erkrankten und verstarben. In den letzten 60 Jahren hat sich dieses Bild komplett gewandelt. Inzwischen versterben 9 von 10 Menschen an einer chronischen Erkrankung. Aber worin liegt der entscheidende Unterschied in der Versorgung?
>> Ein distinktives Merkmal ist das Ausmaß des Einflusses, den der Patient auf seine Heilung oder seinen Therapieerfolg hat. Bei akuten Erkrankungen, wie Infektionskrankheiten, bei Verletzungen, aber auch im Falle einer Operation, hat der Patient vergleichsweise wenig eigenen Einfluss auf seine Genesung – so ist er z.B. angewiesen auf ein wirksames Antibiotikum oder auf einen guten Operateur. Dies sind klassische Beispiele für eine Akutversorgung. Hier musste der Arzt oder Heilberufler Patienten im wesentlichen drüber aufklären, was die Medizin für den Patienten tun kann. Dem Patienten bleibt hier die Entscheidung, ob er entsprechend behandelt werden will oder nicht. Die weitere Kommunikation besteht im Prinzip darin, dass dem Patienten erklärt wird, was er über die ärztlichen Therapiemaßnahmen hinaus zu tun oder zu lassen hat – eine Vorgehensweise, die im Falle der Akutversorgung angemessen ist und sich bewährt hat.
Im Laufe der letzten Jahrzehnte haben sich jedoch die Bedürfnisse der Patienten grundlegend verändert (Gänshirt und Harms, 2008a,b): Die Menschen kommen in unsere Arztpraxen und Krankenhäuser mit Herzkreislauferkrankungen, Typ-2-Diabetes, Rheuma oder Asthma – also chronischen Erkrankungen mit denen sie Jahre, meist Jahrzehnte leben müssen. Neu daran ist auch, dass die Patienten auf ihren Therapieerfolg selber den größten Einfluss haben. Bis zu 90 % des Behandlungserfolges liegen in der Hand der Patienten selbst (Harms und Gänshirt, 2005). Es sind die vielen kleinen alltäglichen Entscheidungen des Patienten über seine Ernährung, die Bewegung, den Umgang mit Stress, die Einnahme von Medikamenten und vieles mehr, die darüber entscheiden, wie eine chronische Krankheit verläuft. Der Arzt und die Medikamente können hier nur entscheidende Weichen stellen, aber „fahren“ muss der Patient selbst (Harms et al. 2007, 2009).
Chronisch kranke Patienten tragen also einen Großteil der Verantwortung für ihre Gesundheit selbst und diese Verantwortung kann weder wegdiskutiert, noch minimalisiert oder delegiert werden. Damit der therapeutische Erfolg, den wir uns erhoffen, auch eintreten kann, muss der Patient seine gesundheitlichen Ziele selbstständig umsetzen können. Diese Fähigkeiten, zusammen mit dem entsprechenden Wissen über die Erkrankung, müssen wir unseren Patienten heute vermitteln – und dafür brauchen wir neue Konzepte. Wir müssen intensiver und auf einer anderen Ebene mit den Patienten kommunizieren, denn das Ziel der Kommunikation zwischen Heilberufler und Patienten ist nicht mehr eine bloße Vermittlung von Information und überschaubaren Handlungsanweisungen. Vielmehr müssen wir den Patienten mit Wissen und Fähigkeiten ausrüsten, die er benötigt, um tiefgreifende Lebensstilanpassungen vornehmen zu können und zu lernen, seine Erkrankung im Alltag selbstständig zu managen und zu bewältigen.
Compliance oder Empowerment –
zwei grundsätzlich verschiedene Strategien
Wenn es um das Verhalten der Patienten hinsichtlich eines bestimmten Therapieregimes geht, sprechen wir traditionell von Compliance und beschreiben damit, in welchem Maße sich der Patient an ein bestimmtes empfohlenes Regime hält, das er eigenverantwortlich umsetzen soll. Allgemein beklagt man bei Patienten mit chronischen Erkrankungen von je her eine sehr niedrige Compliancerate – in der Regel wird hierfür der Patient selbst verantwortlich gemacht, selten sucht man den Fehler bei den Heilberuflern selbst (Lutfey und Wishner, 1999; Glasgow and Anderson 1999). Ärzte sind jedoch meist noch so sozialisiert, dass sie sich irrtümlich für den Therapieerfolg ihrer Patienten hauptverantwortlich fühlen. Somit versuchen sie ihre Patienten zu bestimmten Verhaltensänderungen zu überreden oder diese sogar zu „verordnen“ (Lutfey und Wishner, 1999). Die meisten Patienten können diese Vorschläge jedoch alleine nur schwer oder gar nicht umsetzen. In der Folge sind die Ärzte frustriert und beklagen die fehlende Compliance und Motivation ihrer Patienten. Die Patienten sind gleichermaßen frustriert, weil sie die Erwartungen ihrer Ärzte nicht erfüllen und ihre Gesundheitsziele nicht erreichen können.
Dieses Scheitern auf beiden Seiten zieht sich in den letzten Jahrzehnten wie ein roter Faden durch unsere Bemühungen um chronisch Kranke und es spiegelt einen Kardinalfehler wider: Wir wenden das falsche Konzept an. Das Konzept der Compliance, das bei der Akutversorgung funktioniert hat, impliziert, dass der Heilberufler vordefiniert, was für den Patienten richtig ist. Der Patient wird dann dahingehend beeinflusst, diese Empfehlung umzusetzen. Mit dieser Strategie möchte man die Konformität und schließlich die Compliance der Patienten erhöhen. Tatsächlich muss der erwachsene Patient jedoch in seinem Alltag selbstständig und eigenverantwortlich Entscheidungen für seine Gesundheit fällen und Ziele erreichen, die ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Selbstmangementfähigkeiten voraussetzen – also hier ist das Gegenteil von konformem Verhalten gefragt.
Ein Patient, der die eigene Verantwortung für seinen Therapieerfolg hat, muss seine Entscheidungen informiert und eigenverantwortlich fällen, sich seine eigenen Therapieziele setzen und seinen individuellen Weg finden, diese zu erreichen. In diesem Bemühen müssen wir ihn unterstützen und wir müssen unsere Patienten mit den Fähigkeiten ausstatten, die sie brauchen, um diesen Weg erfolgreich beschreiten zu können.
Vor fast 20 Jahren haben Bob Anderson und Martha Funnell in den USA am Michigan Diabetes Research and Training Center die Lernphilosophie des Empowerments aufgegriffen und damit begonnen, diese in ein Konzept zur Betreuung von Diabetespatienten einzubinden (American Diabetes Association 1999; Anderson 1985,1995,2006; Anderson und Funnell 2005; Anderson et al. 1996,2004). Empowerment ist ein Terminus, der ursprünglich durch den brasilianischen Pädagogen Paulo Freire geprägt wurde. Er beschreibt im Wesentlichen einen Lernprozess, durch den die Fähigkeit zu selbstständigem, selbstbestimmtem Handeln vermittelt wird. Das Konzept des Empowerments geht davon aus, dass es nur sehr wenige Patienten gibt, die unmotiviert sind. Die meisten wissen auch sehr genau, was sie belastet oder hemmt. Jedoch haben sie oft keinen organisierten Ansatz, um dieses Wissen in eine Handlung umzusetzen (Peyrot et al. 2005; Tang et al. 2005). Dem Erreichen von persönlichen Gesundheitszielen stehen oft zahlreiche, individuell sehr verschiedene Hindernisse im Weg: das können Beliefsysteme sein, mangelndes Wissen, ambivalente Gefühle hinsichtlich einer Veränderung, mangelnde Unterstützung durch Familie oder Freunde oder Koerkrankungen – um nur einige zu nennen. Der Empowermentansatz der Betreuung von Diabetikern zielt darauf ab, dass Patienten ihre individuellen Hindernisse erkennen, sich ihre persönlichen Ziele setzen und gemeinsam mit ihrem Heilberufler ihre eigenen Wege zum Ziel definieren und schrittweise umsetzen. Auf diese Art lernen Patienten, informierte Gesundheitsentscheidungen zu treffen und diese in ihrem ganz persönlichen Alltag so umzusetzen, wie es ihnen ihre Fähigkeiten und Möglichkeiten erlauben (Funnell 1996). Der Ansatz des Empowerments möchte die Freiheit und Autonomie der Patienten fördern und nicht deren Konformität, denn nur so können sie lernen, ihre eigenen Gesundheitsstrategien zu entwickeln und umzusetzen. Das heißt also, dass wir mit dem Empowermentansatz einer Patientenschulung genau in die entgegengesetzte Richtung wollen, wie mit dem konventionellen Complianceansatz. Anderson formuliert dies in folgender Analogie: Wenn das Ziel des Compliance-basierten Schulungsansatzes ist, nach Osten zu gehen, dann liegt das Ziel des Empowermentansatzes Richtung Westen (Anderson und Funnell 2010) (Abb.1).
Bei diesem Prozess holt der Therapeut den Patienten immer dort ab, wo er ist: Das heißt, im Mittelpunkt des Gesprächs stehen die Bedürfnisse und Probleme der Patienten und nicht ein vordefiniertes Ziel des Therapeuten (Feste und Anderson 1995; Funnell at al. 1991). Therapeut und Patient begegnen sich hierbei auf gleicher Augenhöhe, denn beide sind Experten: Der Therapeut hat das medizinische Wissen, die Ausbildung und die Erfahrung mit einer großen Anzahl von Patienten. Der Patient hat die Erfahrung mit seinem persönlichen Leben mit der Erkrankung. Durch Kommunikationstechniken wie aktives Zuhören oder motivierende Gesprächsführung können Therapeuten Patienten helfen, ihre eigenen Motive und Schwierigkeiten besser zu erkennen und zu überwinden. Es geht nicht darum, die Motive des Therapeuten zu benennen, sondern es geht darum, dass der Patient sich klar macht, wie wichtig bestimmte Gesundheitsziele für ihn sind und dass er darin unterstützt wird, die Ziele umzusetzen, die ihm wichtig erscheinen. Der Therapeut arbeitet hier nicht als Richtungsweiser, sondern er ist vielmehr Katalysator. Dieser Ansatz verlangt eine grundlegende Abkehr vom traditionellen hierarchischen Denken und Kommunizieren und es setzt eine entsprechende Schulung des Therapeuten voraus (Heisler et al. 2002).
Diese Philosophie des Empowerments hat sich in den letzten Jahrzehnten in zahlreichen internationalen Studien als sehr erfolgreich erwiesen: Die Selbstmanagementfähigkeiten der Patienten haben sich signifikant erhöht, klinische Parameter und therapeutische Outcomes wurden verbessert Anderson 1985,1995,2006; Anderson und Funnell 2005; Anderson et al. 1996,2004; Funnnell and Anderson 2004; Feste and Anderson 1995; Tang et al. 2005). Bei einer Umfrage unter zertifizierten amerikanischen Diabetes Educators, bei der 12 Betreuungskonzepte für Diabetespatienten bewertet werden sollten, gaben 98,2 % der Therapeuten an, dass ihnen das Empowermentkonzept am meisten bei der Schulung ihrer Patienten geholfen habe (Funnell at al. 2006).
Diabetes Education Self Management Study (DESS)
Basierend auf der Philosophie des Empowerments entwicklete die European Health Care Foundation – eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in der Schweiz – eine Internetplattform zur Ausbildung von Gesundheitscoaches für chronisch kranke Menschen; es handelt sich dabei um ein umfassendes Konzept zur kontinuierlichen Betreuung von Patienten.
Das Herzstück der Akademie ist ein E-Learningportal: hier wird in Videomodulen ein umfassendes Wissen zur Indikation und zum erfolgreichen Umgang mit Chronikern vermittelt. Die Ausbildung umfasst medizinisches Wissen, psychosoziale Aspekte der Erkrankung, Lifestylemaßnahmen wie Ernährung, Bewegung und Stressmanagement, Selbststeuerungsprozesse und Strategien zu Verhaltensänderungen und kommunikative Fähigkeiten wie „Aktives Zuhören“
Der Wissenszuwachs wird in Multiple Choice Tests Online überprüft – die Teilnehmer werden nach erfolgreichem Abschluss der Schulung durch die EUHCF zertifiziert. Ergänzendes und vertiefendes Printmaterial, Lehrbücher und Präsenzveranstaltungen zum Training von Kommunikationstechniken vervollständigen das Ausbildungskonzept.
Darüber hinaus stehen in dem Portal Videoschulungsmodule für Patienten zur Verfügung. Diese können die Coaches ihren Patienten in den Betreuungssitzungen vorspielen. Ergänzt werden diese Filme durch schriftliche Patienteninformationen. Die Inhalte dieser Module zielen auf alle Aspekte der Erkrankung – das Wissen über die Indikation, psychosoziale Aspekte, Strategien zur Krankheitsbewältigung, Verhaltensänderungen, Überwinden von Hindernissen, Stecken und erreichen von Gesundheitszielen. Patiententagebücher zum Trainieren von Verhaltensänderungen und Selbstmanagementfähigkeiten unterstützen den Lernprozess.
Für die Indikation Typ 2 Diabetes hat die European Health Care Foundation (EUHCF) das Schulungs- und Betreuungskonzept inzwischen in einer vor kurzem abgeschlossenen multizentrischen prospektiven Studie getestet. Zweck der Studie war es nicht, die therapeutischen Bemühungen der behandelnden Ärzte zu ersetzen. Der Inhalt der Betreuung war auch nicht in erster Linie medizinisch oder pharmazeutisch orientiert, sondern fokussierte vielmehr das Erlangen von Diabetes-relevanten Selbstmanagementfähigkeiten.
Verantwortlich für das Studiendesign, die Durchführung der Studie, die Auswertung und die Datensicherheit war die EUHCF. Die Studie wurde finanziert durch die LINDA AG, Köln, die Vitanet GmbH in Mannheim und die Health Care Competence Center GmbH in Zug, Schweiz.
Studiendesign
In der ersten Phase der Studie wurden Apotheker bzw. deren Mitarbeiter in Deutschland mit dem Schulungskonzept der EUHCF zu Diabetes Coaches ausgebildet. In der zweiten Phase betreuten die Coaches jeder teilnehmenden Apotheke jeweils circa 10 Patienten mit Typ 2 Diabetes über einen Zeitraum von 6 Monaten. Die kontinuierliche strukturierte Betreuung umfasste insgesamt 12 Gruppensitzungen von jeweils 90 Minuten Dauer, durchgeführt in 14-tägigen Abständen.
Zusätzlich zur Ausbildung stellte die EUHCF den Coaches das oben beschriebene modulare Betreuungskonzept zur Verfügung. Dieses Paket beinhaltete:
• Zwölf Videoschulungsmodule für Patienten, die die Coaches ihren Patienten jeweils am Anfang einer Betreuungssitzungen vorspielten.
• Zwölf PDF-Downloads, die den Patienten als Handout zur Ergänzung der Videofilme nach den einzelnen Betreuungssitzungen mitgegeben wurden.
• Zwölf PDF-Downloads für Coaches, in denen die wichtigsten Ziele der einzelnen Betreuungssitzungen zusammengefasst waren.
• Arbeitsbücher für Patienten zum Erarbeiten von persönlichen Gesundheitszielen und zum Führen von Ernährungstagebüchern.
Studienziele
Die DES-Studie sollte evaluieren, ob das oben beschriebene Ausbildungs- und Betreuungskonzept folgende Ziele erreichen kann:
1.Zeigen Apotheker und deren Mitarbeiter nach der Schulung einen Wissenszuwachs?
2. Sehen Apotheker in der Selbstmanagement-Betreuung von Chronikern einen Gewinn für die Positionierung ihrer Apotheke?
3. Können die ausgebildeten Coaches Patienten zu deren Zufriedenheit betreuen?
4. Können Patienten durch die Betreuung ihre Erkrankung besser bewältigen?
5. Verbessern sich durch die Betreuung die HbA1c-Werte der Patienten?
Ergebnisse
der Coachausbildung
Insgesamt nahmen 12 Apotheken an der Studie teil; 25 Mitarbeiter absolvierten die Ausbildung zum Selbstmanagementcoach, 19 Coaches haben während der Studie aktiv Patienten betreut.
Im Anschluss an die Schulung und Betreuung der Patienten wurden die teilnehmenden Coaches zu ihrer Einstellung zum Schulungs- und Betreuungskonzept befragt. Bezüglich des Diabetes-Wissens gaben 83 % der Befragten an, durch die Schulung mehr oder viel mehr über Diabetes zu wissen; alle Teilnehmer (100 %) sahen sich durch die Schulung besser bzw. viel besser auf den Umgang mit Diabetikern vorbereitet (Abb.1). Ebenso führten die Coaches ausnahmslos an, dass der Selbstmanagementansatz bei ihren Kunden in einem positiven Licht stehe. Die Teilnehmer waren ganz überwiegend (92 %) davon überzeugt, dass sich aus der zusätzlichen Patientenbetreuung ein Positionierungsvorteil ergibt. Die Mehrheit der Coaches (92 %) war zufrieden oder sehr zufrieden mit den Inhalten der Coachmodule, 100 % beurteilten die Verständlichkeit als gut oder sehr gut. Die Patientenmodule wurden einstimmig sowohl inhaltlich als auch in ihrer Verständlichkeit als gut bzw. sehr gut eingestuft. Insgesamt beurteilten 73% der Coaches die Qualität der Fortbildung als besser oder viel besser im Vergleich zu anderen Fortbildungen, die restlichen 27% stuften die Qualität als gleich gut ein. Die Apotheken wollten ausnahmslos das Ausbildungs- und Betreuungskonzept in Zukunft weiter nutzen.
Patienten
Die 12 teilnehmenden Apotheken brachten insgesamt 138 Patienten in die Studie ein. Der überwiegende Teil der Patienten (85,5 %) war 60 Jahre und älter, 10,1 % waren 50-59 Jahre alt und 4,3 % waren 49 Jahre und jünger. 65 % der Patienten hatten schon einmal eine Diabetesschulung erhalten, die im Durchschnitt 4 Jahre zurücklag.
Bei 14,5 % der Patienten lag die Diagnose zwei oder weniger Jahre zurück, bei 25,4 % drei bis fünf Jahre, bei 23,2 % sechs bis zehn und bei 37 % der Patienten mehr als zehn Jahre.
Insgesamt waren 37,1 % der Patienten während der Studie insulinpflichtig, 77 % der Patienten nahmen Antidiabetika; 83,3 % der Patienten nahmen Medikamente gegen Hypertonie ein und 48,4 % nahmen Cholesterinsenker.
Zufriedenheit der Patienten und
Krankheitsbewältigung
Im Anschluss an die Betreuung wurden die Patienten gebeten, das Schulungs- und Betreuungskonzept zu bewerten. Die Verständlichkeit der Videofilme für Patienten wurde mit der Durchschnittsnote 1,6 bewertet. Auf die Frage, ob die Videofilme bei der Krankheitsbewältigung geholfen haben, wurde die Note 1,8 vergeben. Die Frage, in wie weit sie sich von ihrem Coach verstanden fühlten, haben die Patienten mit 1,8 benotet, die Unterstützung bei der Krankheitsbewältigung durch die Coaches wurde mit der Note 1,8 bewertet (Abb.2).
In einem Wissenstest im Anschluss an die Betreuung haben die Patienten 80 % der Fragen richtig beantwortet (Abb.3)
Die Patienten haben zu Beginn und zum Ende der Studie zwei Fragen zur Ermittlung des Grades der Krankheitsbewältigung beantwortet. Die Antworten reflektieren auf einer Skala von 1= eine sehr schlechte bis 7=eine sehr gute Krankheitsbewältigung. Im Laufe der 6-monatigen Betreuung haben die Patienten ihre mittlere Fähigkeit zur Krankheitsbewältigung um 0,4 % Punkte verbessert – und zwar von 4,2 auf 4,6.
Klinische Parameter
Vor und nach der Betreuung wurden Patienten zur Häufigkeit von Überzuckerungsreaktionen befragt. Diese waren durch die Betreuung deutlich seltener aufgetreten. Vor der Betreuung hatten 56,7% der Patienten im zurückliegenden Monat keine Überzuckerungen verspürt, nach der Betreuung waren dieser Anteil auf 72% angestiegen.
Der Zielparameter HbA1c sank während der Betreuung der Patienten um durchschnittlich 0.4% Punkte von 7,1% (bei Studienbeginn) auf 6,7% nach der Betreuung. Der mittlere HbA1c-Wert der Patienten, die im Laufe der Studie ausgeschieden waren, lag zu Studienbeginn bei 7,3%. Die Dropouts hatten also im Durchschnitt höhere HbA1c-Werte als die Patienten, die die Studie vollständig durchlaufen haben.
Insgesamt haben 71,3 % der Patienten durch die Betreuung ihren HbA1c-Wert verbessert. In dieser Gruppe lag die Verbesserung bei 0,7 %-Punkten (Abb. 4).
Resumee
Wir können aus den Ergebnissen zusammenfassend schließen, dass durch die Schulung und Betreuung der Patienten die Fachkompetenz zur Indikation Typ-2-Diabetes in der Apotheke signifikant gestiegen ist. Darüber hinaus hat sich nach Ansicht der Teilnehmer der Umgang mit den Patienten, die Kundenbindung und die Positionierung der Apotheke erheblich verbessert.
Die 6-monatige Betreuung der Patienten hatte sowohl objektiv als auch subjektiv einen positiven Effekt auf die Krankheitsbewältigung der Patienten. Patienten konnten im Anschluss an die Betreuung besser mit ihrem Diabetes umgehen. Auch haben das Coaching und die Videofilme sich nach Aussage der Patienten sehr positiv auf die Bewältigung des Diabetes ausgewirkt.
Dieser Erfolg spiegelt sich auch in den entscheidenden klinischen Parametern wider. Die Patienten gaben an, nach der Betreuung deutlich weniger häufig Anzeichen von Überzuckerungen verspürt zu haben. Auch der HbA1c-Wert hat sich durch die Betreuung deutlich verringert. Insgesamt 71,3 % der Patienten haben nach der Betreuung ihren HbA1c-Wert verbessert – und zwar um 0,7%-Punkte.
Das Konzept der EUHCF zur Ausbildung von Coaches und zur Betreuung von Patienten mit Typ-2-Diabetes hat sich demnach sowohl für die Coaches als auch für die Patienten als so effizient erwiesen, dass alle angestrebten Zielparameter erreicht wurden. <<