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Vertragsstrategien im Arzneimittelbereich aus der Perspektive eines Dienstleisters für Krankenkassen

Die vergangenen und vermutlich auch die aktuellen Reformen der Politik im Arzneimittelsektor stärken die im Bereich der Rabattverträge nach §130a SGB V für die GKV tätigen Dienstleister. Der Grund dafür liegt wesentlich in der Komplexität der Materien als auch in der Bündelung von Nachfragevolumen. Trotz des Zusammenschlusses von mehreren Krankenkassen wünschen diese jedoch, ihre individuellen Interessen im Vertragsgeschehen abgebildet zu sehen. Dienstleister wie die GWQ ServicePlus AG werden daran gemessen, ob sie einerseits individuelle Vertragsstrategien im Arzneimittelbereich ermöglichen und andererseits erfolgreich hohe Rabatte erzielen. Begleitet wird dies mit der komplexen Aufgabe der technischen Umsetzung der Verträge und auch einer weitreichenden Beratungsleistung zu Arzneimittelverträgen. Diese betrifft pharmazeutische, vergaberechtliche, datentechnische und finanzielle Aspekte.

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Erstveröffentlichungsdatum: 01.06.2010

Abstrakt: Vertragsstrategien im Arzneimittelbereich aus der Perspektive eines Dienstleisters für Krankenkassen

Die vergangenen und vermutlich auch die aktuellen Reformen der Politik im Arzneimittelsektor stärken die im Bereich der Rabattverträge nach §130a SGB V für die GKV tätigen Dienstleister. Der Grund dafür liegt wesentlich in der Komplexität der Materien als auch in der Bündelung von Nachfragevolumen. Trotz des Zusammenschlusses von mehreren Krankenkassen wünschen diese jedoch, ihre individuellen Interessen im Vertragsgeschehen abgebildet zu sehen. Dienstleister wie die GWQ ServicePlus AG werden daran gemessen, ob sie einerseits individuelle Vertragsstrategien im Arzneimittelbereich ermöglichen und andererseits erfolgreich hohe Rabatte erzielen. Begleitet wird dies mit der komplexen Aufgabe der technischen Umsetzung der Verträge und auch einer weitreichenden Beratungsleistung zu Arzneimittelverträgen. Diese betrifft pharmazeutische, vergaberechtliche, datentechnische und finanzielle Aspekte.

Abstract: Strategies for drug discount contracts from the perspective of a sick funds service provider

The past and also probably the current reforms of the policy in the drug sector strengthen the service providers for sick funds within the range of the discount contracts after §130a SGB V for the GKV. The reason for it lies substantially in the complexity of the subjects and in the bundling of buyers‘ power. Apart from the necessity to form a buyer’s union, the sick funds wish to see their individual interests in the discount contracts. Service providers like the GWQ ServicePlus AG are based on whether they make on the one hand individual contract strategies possible within the drug range and obtain on the other hand successfully high discounts. This is accompanied with the complex task of the technical conversion of the contracts and also an extensive advisory activity to drug contracts. This concerns pharmaceutical, assignment-legal, data technical and financial aspects.

Literatur

Deutsches Apothekenportal: http://www.deutschesapothekenportal.de/apo_originale.html (zugegriffen am 14.5.2010) Eckpunktepapier: http://www.bmg.bund.de/cln_160/SharedDocs/Downloads/DE/Standardartikel/A/Glossar-Arzneimittel/Anlage-PM-28-04-10-eckpunkte,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Anlage-PM-28-04-10-eckpunkte.pdf (zugegriffen am 14.5.2010) IMS Health Marktdaten: http://www.progenerika.de/downloads/8396/100426_Kurzanalyse_Fe.pdf (zugegriffen am 14.5.2010) Hußmann, N./Ecker, T., Herausforderung für Versorgungsforschung: Direktverträge in der GKV, in: Monitor Versorgungsforschung 03/2009, 2. Jg., 38 – 41. Meyer-Hofmann, B./Hahn, M. (2009): Ausschreibung von Generika-Rabattverträgen, in: Arzneimittel & Recht 2010, 2: 59-65 Pro Generika Kurzanalyse: http://www.progenerika.de/downloads/8063/100324_Kurzanalyse_Ja.pdf (zugegriffen am 14.5.2010) Rahmenvertrag: http://www.gkv-spitzenverband.de/upload/20100114_RVtg_§_129_vom_07_12_2009-unterzeichnet_11251.pdf (zugegriffen am 14.5.2010) Schumacher, H./Gewaltig, M./Busse, T./Greiner W. (2009): Rabattverträge – Eine Bestandsaufnahme 2009, in: Die Krankenversicherung 2009, 06: 137-141

Zusätzliches

Plain-Text

Vertragsstrategien im Arzneimittelbereich aus der Perspektive eines Dienstleisters für Krankenkassen

Reformvorhaben der Politik zielen unabhängig von der parteipolitischen Couleur auf eine Realisierung von Effizienz- und Effektivitätspotenzialen bei der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Begleitet wird der fortwährende Reformfluss von Forderungen der betroffenen Leistungserbringer nach gerechten und angemessenen Preisen. In den meisten Sektoren der sozialen Marktwirtschaft vertraut die Gesellschaft dazu auf das positive Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. In den durch die GKV abgedeckten Bereichen des Gesundheitsmarktes werden die angebotenen Leistungen und deren Preise maßgeblich durch die öffentliche Hand gestaltet. Zu den wenigen Ausnahmen von diesem Prinzip zählen interessanterweise patentgeschützte Arzneimittel. Diese werden überwiegend von wenigen internationalen Großkonzernen unter einem starken Patentschutz entwickelt und stellen daher wirksame befristete Monopole dar – was sich in den Preisstrategien der Hersteller niederschlägt. In an sich marktwettbewerbsintensiveren Polypolen, wie denen der Arzneimittelgenerika und Hilfsmittel, bevorzugt der Gesetzgeber demgegenüber Preis- und andere staatliche Regulierungsinstrumente. Marktwirtschaftlich orientierte Reformversuche wie der Möglichkeit von Rabattverträgen zwischen Herstellern und Krankenkassen werden vom Widerstand derjenigen begleitet, die mit dem bisherigen Status gut leben konnten und eine Verschlechterung befürchten. Die aktuelle Debatte um Reformen des Arzneimittelsektors kann hier als Beleg dienen. Die freie Auswahl von Arzneimitteln durch die Krankenkassen zur Versorgung ihrer Versicherten wäre sicher ein hocheffizientes Mittel zur Kostensenkung. Diesem freien Spiel der marktwirtschaftlichen Kräfte möchten sich die pharmazeutischen Hersteller verständlicherweise ungern vollständig aussetzen. Das läßt sich auch begründen mit dem Hinweis auf den gesellschaftlichen Wunsch, allen immer praktisch jede verfügbare Arzneimitteltherapie zur Verfügung zu stellen. Dieser Anspruch ist mit angemessenen Preisen - wie sie in einer freien Marktwirtschaft zustande kämen - unvereinbar.

>> In diesem ordnungspolitischen Geflecht aus Markt- und Planwirtschaft ist die Nachfrage nach Dienstleistungsunternehmen zur Unterstützung der Krankenkassen entstanden. Diese bündeln fachliche Expertise mit der Organisation eines höheren Nachfragevolumens. Im folgenden soll die Rolle eines Dienstleisters wie der GWQ (Gesellschaft für Wirtschaftlichkeit und Qualität bei Krankenkassen) ServicePlus AG in Bezug auf den Arzneimittelsektor beleuchtet werden.
Verträge zur Hausarztzentrierten Versorgung (HZV) und das Arzneimittelmodul
Das Jahr 2010 wird als das Jahr der Hausarztzentrierten Versorgung in die Geschichte der GKV eingehen. Im Wesentlichen in Süddeutschland beginnend wird die neue Versorgungsform über Deutschland ausgerollt. Nachdem die grundsätzlichen Arrangements im Rahmen der ersten Vertragschlüsse bzw. Schiedssprüche festgesetzt werden, stellen sich die Vertragsparter nunmehr der Aufgabe, diese mit Leben zu füllen.
Eine besondere Rolle bei den Selektivverträgen mit Hausärzten spielt das „Arzneimittelmodul“. Hier kommt es zu einer gesonderten Vergütung der Ärzte in Abhängigkeit von Erfüllung gemeinsam festgelegter Ziele in der Arzneimittelverordnung. Die Ärzte werden dabei durch ein Zusatzmodul zur Praxis-Software unterstützt. Auf Krankenkassen kommen damit mehrere Aufgaben zu:

1. Analyse der Arzneimitteldaten und Formulierung von Änderungswünschen im Verordnungsverhalten der Ärzte.
2. Festlegung von realistischen Zielen bei der Arzneimittelverordnung zusammen mit den Ärzten. Das können Maximalquoten bei „me-too“-Präparaten sein oder auch ein erhöhter Anteil von Generika, mit denen die Krankenkassen Rabattverträge geschlossen haben. Die Unterschiedlichkeit in der Rabattvertragsstrategie der Krankenkassen kann hier ein Problem werden, denn auf Seiten der Ärzte ist eine möglichst einheitliche „Wunschliste“ der Krankenkassen leichter umsetzbar.
3. Unterstützung bei der technischen Implementierung in die Praxissoftware und Erstellung von verschiedenen Arzneimittellisten. Dabei spielt die Synchronisierung mit der Meldung rabattierter Präparate in die Apothekensoftware eine entscheidende Rolle.
4. Ständige Aktualisierung der Listen von teilnehmenden Krankenkassen und der Arzneimittel. Die vereinbarten Ziele und die Vergütung der Ärzte müssen auch immer wieder angepasst und überarbeitet werden.
In allen vier Bereichen ist eine kassenübergreifende Abstimmung mindestens in Teilaspekten zweckmäßig oder sogar notwendig. Angesichts der immer noch dreistelligen Anzahl von Krankenkassen ist es daher praktisch unumgänglich, dass sich die kleineren und mittleren Krankenkassen in vielen Fällen ihrer Verbände und auch Dienstleister wie der GWQ ServicePlus AG bedienen. Diese haben den Vorteil, dass sie auch die Rabattverträge mit der pharmazeutischen Industrie administrieren und daher sowohl die fachliche Expertise innehaben als auch die Datengrundlage für die Software zur Verfügung stellen können. Aus Sicht der Dienstleister ist die unterstützende Tätigkeit beim HZV-Arzneimittelmodul als Zusatzservice zum Hauptprodukt „Rabattverträge“ zu verstehen.
Arzneimittelrabattverträge nach
§ 130a Abs. 8 SGB V
Mit über 32 Mrd. Euro gehört die Arzneimittelversorgung zu den größten Umsatzträgern im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung und liegt damit etwa gleichauf mit dem ärztlichen Ausgabenbereich. Seit 2003 können Krankenkassen mit Arzneimittel-Herstellern individuelle Rabattverträge schließen. Diese blieben zunächst in der wirtschaftlichen Bedeutung sehr begrenzt. Eine echte Wirksamkeit erhielten die Rabattverträge erst mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) im Jahr 2007. Dieses verpflichtete Apotheken, vorrangig Arzneimittel von Herstellern abzugeben, mit denen die jeweilige Krankenkasse einen Rabattvertrag geschlossen hat. Seither ist die vom Gesetzgeber geschaffene Möglichkeit von Rabattverträgen nach § 130a Abs. 8 SGB V von den Krankenkassen als Instrument zur Kostenreduzierung in erheblichem Umfang genutzt worden. Nicht nur die Krankenkassen selber, sondern auch Dienstleister wie die spectrum|K GmbH oder die GWQ ServicePlus AG schließen für Krankenkassen diese Rabattverträge ab und administrieren diese. Dazu zählt das Verhandeln des Vertrages, die Vertragspflege mit allen Anpassungen, die Meldung des Vertrages an die GKV-Kopfstelle und die Abrechnung über ein Treuhandverfahren.
Anfang 2010 existierten etwa 10.000 Rabattverträge (Pro Generika Kurzanalyse 2009, eigene Daten). Als technische Grundlage stellt die GKV-Kopfstelle jeden Monat den Apotheken über deren Softwareanbieter weit über 1 Mio. Datensätze zur Verfügung. Diese „Rabattmeldung“ stellt die technische Grundlage für das Funktionieren der Verträge dar. An dieser Zahl verdeutlicht sich der erhebliche Aufwand für dieses Kostendämpfungsinstrument sowohl auf Kassen- als auch auf Apothekenseite. Dafür gibt es gute Gründe: Im Gegensatz zu einheitlichen Festbeträgen ermöglichen einzelvertragliche Regelungen eine individuelle Marktpositionierung der Krankenkasse:
Krankenkassen mit geringen Ausgaben für Generika sind eher bereit, ihren Versicherten ein sehr breites Angebot rabattierter Arzneimittel zu offerieren. Krankenkassen mit hoher regionaler Marktmacht und hohen Ausgaben werden eher eine Strategie der Kostenoptimierung bevorzugen, auch wenn dies bei den Versicherten häufiger zum Wechsel des gewohnten Präparates führen kann. Das Hauptargument für die Rabattverträge ist aber sicher ein finanzielles: Die Rabatterlöse können in der Größenordnung von über 1 Mrd. Euro pro Jahr eingeschätzt werden (Hochrechnung GWQ-Abrechnungsdaten von 2009).
Wirtschaftliche Grundlagen von
Arzneimittelrabattverträgen
Da der Preis des in einem Rabattvertrag eingeschlossenen Arzneimittels reduziert wird, entscheidet sich an der realisierten Umsteuerungsmenge, ob sich der Rabatt auch für den Hersteller lohnt. Gelingt es ihm, den Preisabschlag zu überkompensieren, kann er Mehrerlöse generieren. Ein häufig unterschätzter Aspekt ist hier auch die Planbarkeit des Umsatzes für den Hersteller. Hier liegt ein besonderes Problem der Ausschreibungen mit „Mehrfachzuschlägen“. Der Umsatz eines bezuschlagten Herstellers ist vorrangig abhängig von seinen ebenfalls bezuschlagten drei oder vier Mitbewerbern. Zum Zeitpunkt seiner Angebotsabgabe sind diese ihm naturgemäß noch unbekannt. Diese Tatsache fließt natürlich in die Kalkulation des Angebotspreises ein. Eine höhere Planungssicherheit haben die Hersteller bei den Ausschreibungen von AOK, TK und GWQ. Der Vorteil der beiden erstgenannten liegt in einem großen Marktanteil, der durch diese Kassen vertreten wird. Bislang wurden die AOKen auch durch das Kartellrecht in ihrer überragenden Marktposition nicht eingeschränkt. Dies könnte sich aber nach Plänen des BMG in naher Zukunft ändern (Eckpunktepapier des BMG, 2010).
Arzneimittelausschreibungen
Die juristische Grundlage der Vergabe von Rabattverträgen durch Krankenkassen ist bis heute nicht detailliert geklärt. Zunächst sind die Verträge meistens freihändig ohne eine formale Ausschreibung über das Gesamtportfolio eines Herstellers geschlossen. Dies wurde in unterschiedlichem Ausmaß durch Ausschreibungen ergänzt. Um diese Ausschreibungen gab es zahlreiche juristische Auseinandersetzungen (Meyer-Hofmann und Hahn, 2010).
Mittlerweile haben sich aber mehrere wirkstoffbezogene Ausschreibungsmodelle etabliert. Grundsätzlich kann man in Ausschreibungen höhere Rabatte erzielen als in den freihändig geschlossenen Verträgen über das Gesamtportfolio. Allerdings gelingt es bei den Ausschreibungen oft schlechter, den Rabattvertragspartner auch tatsächlich in der Abgabe durch den Apotheker durchzusetzen. Eingeschränkt wird die Wirksamkeit von Verträgen durch Probleme in der Compliance, eigene wirtschaftliche Interessen des Apothekers und fehlende Verbindlichkeit hinsichtlich der Austauschbarkeit von Präparaten oder auch Lücke im Angebot des Rabattpartners bei bestimmten Stärken oder Packungsgrößen. Nur der Blick auf den höchsten Rabattsatz ist hier nicht zielführend.
Die GWQ-Kassen stärkten ihre Marktposition mit dem Versprechen einer Absatzgarantie und konnten so mit 77 % Durchschnittsrabatt (umsatzgewichtet, ohne gesetzliche Zwangsrabatte) ihren größenbedingten Nachteil ausgleichen (eigene Angaben).
Ein erwünschter positiver Nebeneffekt ist hier die Entkopplung der Ausschreibung vom technischen Rabattmeldeverfahren: Während üblicherweise Krankenkassen mit einer exklusiven Meldung der Rabattarzneimittel in die Software der Apotheker einen bestimmten Prozess zur Absatzförderung zusagen, bleibt beim GWQ-Verfahren der Weg der Absatzförderung offen, dafür wird aber dem Ausschreibungsgewinner ein explizites Absatzziel in einer bestimmten Zeit garantiert. Es ergeben sich in der Folge aus technischen und juristischen Gründen Unterschiede in der Rabattmeldung an die Apotheken zwischen GWQ-Kassen und den anderen Kassen: Üblicherweise werden bei einem ausgeschriebenen Wirkstoff nur noch die Präparate des Ausschreibungsgewinners in die Apothekensoftware gemeldet. Die Ausschreibungsgewinner decken allerdings fast nie die ganze Vielfalt in Applikationsform und Dosierung in einem Wirkstoffbereich ab. Es bleiben also Teile des Wirkstoffloses unrabattiert. Je mehr Wirkstoffe ausgeschrieben werden und je geringer die Mindestanforderungen an Packungsgröße und Wirkstoffmenge an die bietenden Hersteller sind, desto größer wird dieser Effekt. Bei umsatzschwachen Wirkstoffen und den Ausschreibungen mit „Mehrfachzuschlag“ ist diese für die Krankenkassen negative Folge besonders ausgeprägt: Um hinreichend Wettbewerber pro Wirkstofflos zu haben, müssen diese Krankenkassen die Mindestanforderungen an die Hersteller besonders niedrig halten. Entsprechend wird auch nur noch ein Teil der verschiedenen Wirkstoffstärken und Packungsgrößen tatsächlich rabattiert. Bei den GWQ-Kassen hingegen können auch die sogenannten „Portfolio-Rabattverträge“ zumindest teilweise auch in den ausgeschriebenen Wirkstoffen weiterhin berücksichtigt werden. Die Erstellung der Rabattmeldung ist hier abhängig vom tatsächlichen Ausschreibungsgewinner, der Austauschbarkeit seiner Präparate gegen jene der Mitbewerber und dem Grad der Erfüllung des garantierten Absatzzieles.
Dem wirtschaftlichen Zusatzerfolg für die Krankenkassen steht allerdings auch ein erheblicher Administrationsaufwand beim für die Rabattmeldung verantwortlichen Dienstleister gegenüber. Durch dieses Verfahren sind auch kassenindividuelle Lösungen möglich. Dies ist auch aus Sicht eines Dienstleisters notwendig, um der jeweiligen Versicherten- und Kostenstruktur einer Kasse Rechnung zu tragen.
Portfolio-Verträge
Bei den sogenannten „Portfolioverträgen“, welche meist ohne Ausschreibung vergeben wurden (Ausnahme ist die Ausschreibung der BAHN-BKK von 2007), spielt jedoch häufiger die Umsatzsicherung und nicht die Umsatzsteigerung die Hauptrolle. Über ein preisliches Entgegenkommen sichert ein Hersteller seinen zukünftigen Umsatz. Daher handelt es sich um eine „Eintrittskarte in den Markt“ als Folge eines betriebswirtschaftlichen Zwangs. Die vergleichsweise gute Planbarkeit des Absatzes ist auch ein wichtiges Motiv des Herstellers für den Vertragsschluss. Anders als bei den meisten Ausschreibungen sind hier die Mitbewerber in aller Regel bekannt. Im Verhältnis zur großen Zahl der Präparate sind die Administrationskosten recht gering. Geänderte oder neue Präparate werden meistens ohne Vertragsanpassung sofort in die Rabattmeldung an die Apotheken und in die Abrechnung einbezogen. Krankenkassen, welche nur mit wenigen Herstellern einen Rabattvertrag geschlossen und eine begrenzte Exklusivität zugesichert haben, können möglicherweise etwas höhere Rabatte erzielen. Allerdings ist eine derartige Strategie anfällig gegen juristische Angriffe von Herstellern, die nicht Vertragspartner sind. Hier können betroffene Unternehmen mit Hinweis auf das Vergaberecht gegen die faktische Marktzugangsbeschränkung klagen. In der Folge haben Krankenkasse mit einer derartigen Exklusivstrategie gerade bei den wirtschaftlich interessanten Neuausbietungen gelegentlich Probleme, diese „automatisch“ zum Vertragsbestandteil werden zu lassen. Weiterhin beteiben diese Krankenkassen viel Aufwand darin, ihren Versicherten den Grund für die Einschränkung des Arzneimittelangebotes zu vermitteln und diese Rabattverträge in den Apotheken auch tatsächlich durchzusetzen. Anders ist es bei den Krankenkassen, welche mit praktisch allen Marktteilnehmern Rabattverträge über die jeweiligen Sortimente mit Ausnahme der von Ausschreibungen betroffenen Bereiche geschlossen haben. Aus Versichertensicht ist hier ein ähnlicher Zustand wie in der Zeit vor 2007 erreicht worden: Praktisch jeder Patient kann sein gewohntes Präparat behalten und auch der Apotheker wird in fast jedem Fall immer einen Rabattvertrag zu Gunsten der Krankenkasse bedienen. Zwar sollte diese Vertragsstrategie theoretisch mit geringeren Rabatten einhergehen, allerdings beziehen sich diese auf einen ungleich größeren Umsatzanteil. Es gibt so nämlich kaum noch unrabattierte Marktanteile bei Generika. Durch die fehlende Beschränkung des Marktzuganges haben sich die Krankenkassen so auch der vergaberechtlichen Problematik weitgehend entledigt. Die AOKen und auch die GWQ-Kassen verfolgen dieses Konzept. Wichtig und ständig in der Diskussion ist auch die Balance von Ausschreibungen und Portfolioverträgen bei Krankenkassen. Durch Ausschreibungen lassen sich zumeist hohe Rabattsätze erzielen, andererseits beziehen sich diese oft nur auf einen Teil der tatsächlichen Umsätze in einem Wirkstofflos. Mit breiten Portfolioverträgen kann man den gesamten Bereich eines Wirkstoffloses mit Rabattpräparaten abdecken, allerdings auf Kosten der Rabatthöhe. Einige Krankenkassen wie die BARMER GEK setzen noch vollständig auf die Portfolioverträge, andere wie die DAK oder die
AOKen dagegen recht weitgehend auf die Ausschreibung. Die GWQ-Kassen nehmen hier eine mittlere Stellung ein.
Rabattverträge zu patentgeschützten
Arzneimitteln
Nicht nur der generische Markt, sondern auch der patentgeschützte Markt stellt ein wichtiges Feld für Rabattverträge dar. Allerdings ist hier die Wettbewerbssituation natürlich eine ganz andere: Es gibt keine Austauschverpflichtung des Apothekers zur Durchsetzung des Rabattvertrages. Einzig im Bereich der Importe gibt es eine rechtlich unklare Situation (Rahmenvertrag nach §129 SGB V, 2010). Diese könnte sich durch aktuelle gesetzliche Initiative des BMG zu Gunsten der Rabattvertragspartner und zu Lasten der Importeure ändern. Hersteller mit einem hohen Anteil von Importen sind auch jetzt schon oft gewillt, zur Verbesserung ihrer Situation Rabattverträge mit Kassen zu schließen. Trotz der unsicheren rechtlichen Grundlage haben diese Verträge durchaus praktischen Erfolg. Beispiele dafür sind Verträge über das Antiepileptikum „Keppra“ von UCB oder das Antidiabetikum „Actos“ von Takeda sowie „Saizen“ von Merck (Deutsches Apothekenportal, 2010).
In einigen Fällen werden auch im Bereich von patentierten Arzneimitteln in späteren Lebenszyklusphasen Rabattverträge umgesetzt. Dies reduziert für die Ärzte die Notwendigkeit die medikamentöse Behandlung ihrer Patienten von den Originalpräparaten auf Generika umzustellen (Schumacher et al. in „Die Krankenversicherung“ 2009). Zudem können einige Originalhersteller den Krankenkassen einen interessanten Produktmix aus Originalprodukten und generischen Präparaten offerieren, wie auch die Sortimentsverträge der Ersatzkassen zeigen. Beispiele hierfür sind die Originalanbieter Sanofi-Aventis und Novartis mit ihren generischen Tochterunternehmen Winthrop sowie Sandoz und Hexal. Für diese Konzerne besteht z.B. die Option, sowohl patentgeschützte Originalpräparate als auch generische Produkte anzubieten und daraus Vorteile gegenüber der generischen Konkurrenz zu ziehen (Schumacher et al. 2009). Rabatte können zudem helfen einen hohen Listenpreis zu belassen, um in Referenzpreissystemen das Preisniveau zu erhalten. Dieses ist ein wichtiger Aspekt bei den Originalherstellern und mag auch das BMG bei seinen Reformplanungen bewogen haben, hier stärker auf Rabatte als auf staatliche Preiseingriffe zu setzen. Insgesamt ist die Bedeutung der Rabattverträge im Bereich der patentgeschützten Präparate noch vergleichsweise gering und kommt kaum auf 10 % der Rabatterlöse des generischen Bereiches. Gerade angesichts der nächsten geplanten Schritte des Gesetzgebers (Eckpunktepapier des BMG, 2010) könnte die Bedeutung jedoch erheblich zunehmen. Krankenkassendienstleister wie die GWQ haben hier die Aufgabe, Kassen individuell zu möglichen Rabattverträgen zu beraten, diese zu verhandeln und abzuwickeln. Voraussetzung ist hier die Kenntnis der Motive der jeweiligen Rabattvertragspartner. Nur wenn beide Vertragspartner einen nachhaltigen Erfolg aus diesen Verträgen generieren, haben diese auch Zukunft. Verlierer einer derartigen Rabattvereinbarung sind die jeweiligen Mitbewerber. In Zukunft könnten auch Rabattverträge geschlossen werden mit dem Ziel, durch eine möglicherweise teurere Arzneimitteltherapie langfristige Einsparungen zum Beispiel bei den Krankenhauskosten zu bewirken. Die Kopplung mit Selektivverträgen beginnend beim HZV-Arzneimittelmodul kann hier interessante Ansätze bieten. Dies setzt aber auf beiden Seiten eine gewisse Risikobereitschaft und auch ein wirksames Vertragscontrolling voraus. <<