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Evaluation eines Integrierten Versorgungsvertrages zur Versorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz

Die Herzinsuffizienz stellt eine der medizinisch und gesundheitsökonomisch bedeutsamsten Erkrankungen in Deutschland dar (Neumann et al. 2009; Gensichen et al. 2004; Zugck et al. 2010; Willich et al. 2013; Buhr et al. 2007). Die Prävalenz der Herzinsuffizienz ist stark altersabhängig, so dass davon auszugehen ist, dass die Kosten für Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz angesichts der alternden deutschen Bevölkerung in den nächsten Jahren ansteigen werden. Ein Großteil der Behandlungskosten der Herzinsuffizienz entstehen im stationären Bereich (Zugck et al. 2010). Vor diesem Hintergrund haben effektive integrierte Versorgungsprogramme das Potenzial, die Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten zu verbessern und gleichzeitig Dekompensationen, die besonders häufig im stationären Setting behandelt werden, zu verhindern. Effektive neue Versorgungsprogramme ermöglichen es, die Behandlungsabläufe besonders im ambulanten Bereich zu optimieren und die Patienten aktiv in das Behandlungskonzept einzubinden (Buhr et al. 2007).

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Erstveröffentlichungsdatum: 29.11.2016

Abstrakt: Evaluation eines Integrierten Versorgungsvertrages zur Versorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz

Die chronische Herzinsuffizienz stellt eine gesundheitsökonomisch relevante Erkrankung in Deutschland dar. In einer Längsschnittstudie basierend auf Routinedaten der gesetzlichen Krankenversicherung wurde mittels Propensity Score Matching ein Integrierter Versorgungsvertrag (IV) evaluiert, dessen Ziel es ist, die Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten zu verbessern und Hospitalisierungen zu vermeiden. Untersucht wurde, wie sich die patientenseitige Inanspruchnahme des Gesundheitswesens in der Interventionsgruppe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bestehend aus Patienten in der Regelversorgung in einem Nachbeobachtungszeitraum von 12 Monaten entwickelt hat. Es zeigten sich Vorteile zu Gunsten der Teilnehmer am IV-Modell hinsichtlich Gesamtbehandlungskosten und stationärer Leistungskosten sowie für die Gesamtzahl der Hospitalisierungen und die Anzahl der Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz. Die ambulanten Behandlungskosten hingegen waren in der Nicht-Teilnehmergruppe niedriger. Die beobachteten Unterschiede in den stationären Behandlungskosten entstehen nicht durch geringere Behandlungskosten der Indikation Herzinsuffizienz und könnten zum Teil auf eine selektionsbedingte höhere Komorbidität der nicht am IV-Modell teilnehmenden Patienten zurückgeführt werden.

Abstract: Effectiveness of an integrated care program for chronic heart failure patients – a matched pair analysis based on claims data from the German statutory health insurance

Chronic heart failure (CHF) is a health economically relevant condition in Germany. This study aimed to evaluate an integrated care model for CHF patients, aimed at improving the care of CHF patients and reduce hospital admissions. A longitudinal study using Propensity Score Matching was conducted based on claims data from the German statutory health insurance. We evaluated whether resource utilization differed between patients partaking in the integrated care model and patients in standard care in a follow-up period of 12 months. Total treatment costs and hospital treatment costs as well as the total number of hospitalizations and the number of hospitalizations due to CHF were lower in the group of patients participating in the integrated care model. Ambulatory treatment costs were lower in patients under standard care. However, the observed differences in hospital treatment costs could not be attributed to lower hospital treatment costs due to CHF and could in part be attributed to a selection effect of patients with fewer comorbidities in the intervention group.

Literatur

Sascha Walter, und Oliver Rack. 2006. „Eine anwendungsbezogene Einführunf in die Hierarchische Lineare Modellierung (HLM)“. In Methodik der empirischen Forschung, herausgegeben von Sönke Albers, Daniel Klapper, Udo Konradt, Achim Walter, und Joachim Wolf, 293–310. Deutscher Universitäts-Verlag. Angermann, Christiane E., Stefan Störk, Götz Gelbrich, Hermann Faller, Roland Jahns, Stefan Frantz, Markus Loeffler, Georg Ertl, und Competence Network Heart Failure. 2012. „Mode of Action and Effects of Standardized Collaborative Disease Management on Mortality and Morbidity in Patients with Systolic Heart Failure: The Interdisciplinary Network for Heart Failure (INH) Study“. Circulation. Heart Failure 5 (1): 25–35. doi:10.1161/CIRCHEARTFAILURE.111.962969. Buhr, Christiane, Till Neumann*, Nina Kolbe, Stefan Sack, und Raimund Erbel. 2007. „Neue Versorgungsstrukturen für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz“. Herz Kardiovaskuläre Erkrankungen 32 (8): 618–22. doi:10.1007/s00059-007-3076-y. Farin, E. 2005. „Die Anwendung Hierarchischer Linearer Modelle für Einrichtungsvergleiche in der Qualitätssicherung und Rehabilitationsforschung“. Die Rehabilitation 44 (3): 157–64. doi:10.1055/s-2004-834785. Gelbrich, Götz, Stefan Störk, Sonja Kreißl-Kemmer, Hermann Faller, Christiane Prettin, Peter U. Heuschmann, Georg Ertl, und Christiane E. Angermann. 2014. „Effects of Structured Heart Failure Disease Management on Mortality and Morbidity Depend on Patients’ Mood: Results from the Interdisciplinary Network for Heart Failure Study“. European Journal of Heart Failure 16 (10): 1133–41. doi:10.1002/ejhf.150. Gensichen, Jochen, Martin Beyer, C. Kuver, Hongmei Wang, und Ferdinand M. Gerlach. 2004. „Case Management fur Patienten mit Herzinsuffizienz in der ambulanten Versorgung-Ein kritischer Review“. ZEITSCHRIFT FUR ARZTLICHE FORTBILDUNG UND QUALITATSSICHERUNG 98 (2): 143–154. Güder, Gülmisal, Stefan Störk, Goetz Gelbrich, Susanne Brenner, Nikolas Deubner, Caroline Morbach, Julia Wallenborn, Dominik Berliner, Georg Ertl, und Christiane E. Angermann. 2015. „Nurse-Coordinated Collaborative Disease Management Improves the Quality of Guideline-Recommended Heart Failure Therapy, Patient-Reported Outcomes, and Left Ventricular Remodelling“. European Journal of Heart Failure 17 (4): 442–52. doi:10.1002/ejhf.252. Nelder, J. A., und R. W. M. Wedderburn. 1972. „Generalized Linear Models“. Journal of the Royal Statistical Society. Series A (General) 135 (3): 370. doi:10.2307/2344614. Neumann, Till, Janine Biermann, Anja Neumann, Jürgen Wasem, Georg Ertl, Rainer Dietz, und Raimund Erbel. 2009. „Herzinsuffizienz: Häufigster Grund für Krankenhausaufenthalte“. Deutsches Ärzteblatt 106 (16): 269–275. Normand, S. T., M. B. Landrum, E. Guadagnoli, J. Z. Ayanian, T. J. Ryan, P. D. Cleary, und B. J. McNeil. 2001. „Validating Recommendations for Coronary Angiography Following Acute Myocardial Infarction in the Elderly: A Matched Analysis Using Propensity Scores“. Journal of Clinical Epidemiology 54 (4): 387–98. Rosenbaum, Paul R., und Donald B. Rubin. 1983. „The Central Role of the Propensity Score in Observational Studies for Causal Effects“. Biometrika 70 (1): 41–55. doi:10.1093/biomet/70.1.41. Willich, Prof Dr Stefan N., Thomas Reinhold, Christian Lenz, und Bernd Brüggenjürgen. 2013. „Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt in Deutschland — Ökonomische Bedeutung und Einschränkung der Lebensqualität“. PharmacoEconomics German Research Articles 3 (1): 25–39. doi:10.1007/BF03321561. Zugck, C, A Müller, T Helms, H Wildau, T Becks, J Hacker, S Haag, K Goldhagen, und J Schwab. 2010. „Gesundheitsökonomische Bedeutung der Herzinsuffizienz: Analyse bundesweiter Daten“. DMW - Deutsche Medizinische Wochenschrift 135 (13): 633–38. doi:10.1055/s-0030-1251912.

Zusätzliches

Plain-Text

Evaluation eines Integrierten Versorgungsvertrages zur Versorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz

Eine Matched Pair-Analyse auf Basis von GKV-Routinedaten

Die Herzinsuffizienz stellt eine der medizinisch und gesundheitsökonomisch bedeutsamsten Erkrankungen in Deutschland dar (Neumann et al. 2009; Gensichen et al. 2004; Zugck et al. 2010; Willich et al. 2013; Buhr et al. 2007). Die Prävalenz der Herzinsuffizienz ist stark altersabhängig, so dass davon auszugehen ist, dass die Kosten für Diagnostik und Therapie der Herzinsuffizienz angesichts der alternden deutschen Bevölkerung in den nächsten Jahren ansteigen werden. Ein Großteil der Behandlungskosten der Herzinsuffizienz entstehen im stationären Bereich (Zugck et al. 2010). Vor diesem Hintergrund haben effektive integrierte Versorgungsprogramme das Potenzial, die Versorgung von Herzinsuffizienz-Patienten zu verbessern und gleichzeitig Dekompensationen, die besonders häufig im stationären Setting behandelt werden, zu verhindern. Effektive neue Versorgungsprogramme ermöglichen es, die Behandlungsabläufe besonders im ambulanten Bereich zu optimieren und die Patienten aktiv in das Behandlungskonzept einzubinden (Buhr et al. 2007).

>> Angelehnt an das HeartNetCare-HF™ (Angermann et al. 2012; Gelbrich et al. 2014; Güder et al. 2015) bieten die an dem Selektivvertrag teilnehmenden Betriebskrankenkassen (BKK) des Landesverbandes Mitte Versicherten mit chronischer Herzinsuffizienz seit 2011 ein zusätzliches integriertes Versorgungsprogramm an. Die Ärztenetze GO-LU, Ludwigshafen/Rhein, und PRAVO, Speyer, die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau Hessen, Rheinland Pfalz und Saarland sowie die IKK Südwest schlossen einen integrierten Versorgungsvertrag gemäß § 140a SGB V, im Folgenden Integriertes Versorgungs-Modell genannt.
Die Versorgung der Patienten soll durch eine kontinuierliche Betreuung durch den Hausarzt, den Kardiologen und die Etablierung von abgestimmten Behandlungspfaden unter Berücksichtigung des aktuellen Standes der gültigen nationalen und internationalen Leitlinien verbessert und die Hospitalisierungsrate reduziert werden. Eine spezialisierte Herzinsuffizienz-Nurse soll medizinische Parameter überwachen, die auf eine Dekompensation der Herzinsuffizienz hinweisen und durch frühzeitige Interventionen unnötige Krankenhausaufenthalte verhindern.
Das Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin (InGef) hat in einer kontrollierten Längsschnittstudie auf Basis von Routinedaten untersucht, wie sich die patientenseitigen Parameter in der Interventionsgruppe (IV) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe bestehend aus Patienten in der Regelversorgung (RV) in einem Nachbeobachtungszeitraum von 12 Monaten entwickelt haben. Die hier dargestellten Ergebnisse zielen darauf ab, etwaige Zusammenhänge zwischen einer zusätzlichen Betreuung durch das Integrierte Versorgungs-Modell und patientenseitigen Parametern zu untersuchen. Im Fokus standen dabei insbesondere Fragestellungen zur Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen durch Betrachtung der Behandlungskosten, Krankenhauseinweisungen und Zuweisungen aus dem Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA).
Methoden
Die Studie untersucht die Effektivität des Integrierten Versorgungs-Modells im Vergleich zur Regelversorgung. Die Studie wurde als Beobachtungsstudie im Kontrollgruppendesign durchgeführt. Die Einschlusskriterien für die beiden untersuchten Gruppen sind in Tabelle 1 dargestellt.
Ausgewertet wurden anonymisierte Routinedaten von 1.035 Teilnehmern am Integrierten Versorgungs-Modell des BKK Landesverband Mitte und von ca. vier Millionen Versicherten in der InGef Forschungsdatenbank, aus der die potenzielle Vergleichsgruppe rekrutiert wurde. Für beide Gruppen lagen Daten aus den Jahren 2009-2014 vor.
Es wurden verschiedene patientenseitige Parameter in einem Nachbeobachtungszeitraum von 12 Monaten untersucht, u.a. Gesamtbehandlungskosten, stationäre Behandlungskosten, Anzahl der Hospitalisierungen und Höhe der Zuweisung durch den Morbi-RSA.
Den Patienten aus der IV wurden mittels Propensity Score Matching (PSM) eine Gruppe Vergleichspartner aus der RV zugeteilt. Diese ähneln den Teilnehmern hinsichtlich verschiedener beobachtbarer soziodemographischer und klinischer Charakteristika, sodass die beiden Gruppen sich nur noch hinsichtlich der Teilnahme am Nursing Modell unterscheiden.
Der Propensity Score (PS), der die bedingte Wahrscheinlichkeit wiedergibt, dass ein Versicherter in das Integrierte Versorgungs-Modell eingeschrieben wurde in einem Vorbeobachtungszeitraum von 12 Monaten vor dem Indexquartal gebildet. Die Teilnahmewahrscheinlichkeit wurde in Abhängigkeit verschiedener soziodemographischer und klinischer Charakteristika der Patienten modelliert (Rosenbaum und Rubin 1983). Als unabhängige Variable wurden u.a. Alter, Geschlecht und das höchste NYHA Stadium im Vorzeitraum berücksichtigt. Eine komplette Liste aller berücksichtigten Kovariaten findet sich in Abbildung 1.

Die Bildung der paired matches aus IV und RV erfolgte in zwei Schritten:
1. Bestimmung des PS für jeden Patienten mittels logistischer Regression. Dazu wurde die Wahrscheinlichkeit der Teilnahme am Integrierten Versorgungs-Modell mittels beobachtbarer Kovariaten modelliert (=log(p/(1-p)).
2. Auswahl der Probanden aus IV und RV mit ähnlichem PS. Das PSM erfolgte ohne Zurücklegen und unter Anwendung eines Calipers von ≤0,2 Standardabweichungen, i.e. die absolute Differenz der PS der gematchten Patienten in IV und RV durfte nicht mehr 0,2 Standardabweichungen des PS der gesamten Studienpopulation betragen.
Zur Überprüfung der Balance zwischen den gepaarten Gruppen wurde die standardisierte Mittelwertsdifferenz (SMD) gebildet. Eine SMD >10% wurde als unzureichende Balance zwischen den Gruppen angesehen (Normand et al. 2001).
Da für einige Variablen durch das PSM keine Balance erreicht werden konnte, wurde anschließend ein hierarchisches lineares Modell (HLM) berechnet, das zur Analyse hierarchisch strukturierter Daten genutzt werden kann (Farin 2005; Nelder und Wedderburn 1972; Sascha Walter und Oliver Rack 2006). In unserem Anwendungsfall wurde davon ausgegangen, dass die Paare aus der Teilnehmer- und der Nichtteilnehmergruppe jeweils eine Gruppe bilden. Dieses Verfahren ermöglicht es für zusätzliche Variablen zu adjustieren, die während des PSM nicht berücksichtigt wurden bzw. nicht balanciert werden konnten. In das HLM gingen die Gruppenzugehörigkeit (IV vs. RV) sowie der Inzidenzstatus der Herzinsuffizienzdiagnose und der jeweils untersuchte Inanspruchnahme-Parameter im Vorzeitraum ein. Modelliert wurden die folgenden Zielvariablen: Gesamtleistungskosten und die Kosten aus drei Hauptleistungsbereichen (ambulant, stationäre, Arzneimittel), Morbi-RSA Zuweisungen und Anzahl der stationären Behandlungsfälle.
Ergebnisse
Für den oben genannten Evaluationszeitraum standen die Routinedaten von 1.035 Versicherten der BKKen des Landesverband Mitte und die Forschungsdatenbank der HRI zur Verfügung.
Insgesamt erfüllten 8.438 Patienten alle Einschlusskriterien für die Analyse, davon 891 in der IV und 7.547 in der RV (vergleiche Tab. 2).
Nach dem PSM konnten 791 Paare analysiert werden. Während sich vor Durchführung des PSM deutliche Unterschiede hinsichtlich der sozidemographischen und klinischen Charakteristika zwischen der IV und RV zeigten, lag die SMD für den Großteil der Kovariaten nach PSM unter 10% (vergleiche Abb. 1). Lediglich hinsichtlich der Inzidenz der Herzinsuffizienzdiagnose im Vorbeobachtungszeitraum unterschieden sich IV und RV nach PSM weiterhin. Es scheint, dass besonders Patienten mit einer inzidenten Herzinsuffizienzdiagnose in die Interventionsgruppe eingeschlossen wurden. Hinsichtlich verschiedener, im Vorzeitraum gemessener Inanspruchnahme-Parameter, wie der Gesamtzahl der Hospitalisierungen, waren nach PSM keine größeren Unterschiede in der SMD mehr zu beobachten (s. Abb.1 und 2).
Nach PSM und zusätzlicher Adjustierung für den Inzidenzstatus der Herzinsuffizienzdiagnose mittels HLM zeigten sich signifikante Unterschiede in den Gesamtbehandlungskosten, stationären und ambulanten Behandlungskosten (vergleiche Tabelle 3). Die stationären Behandlungskosten waren in der IV deutlich niedriger als in der RV. Dieser Unterschied war allerdings nicht auf stationäre Behandlungskosten aufgrund von Herzinsuffizienz zurückzuführen. Hinsichtlich dieser zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Bei detaillierter Analyse der Hauptentlassungsdiagnosen vollstationärer Behandlungsfälle zeigten sich deutliche Unterschiede hinsichtlich der Indikationen zwischen den beiden Gruppen. Die beobachteten stationären Kostenunterschiede zugunsten der IV sind überwiegend auf Indikationen außerhalb des kardiovaskulären Formenkreises zurückzuführen. Die größten Unterschiede in den mittleren Kosten zwischen RV und IV wurden für die ICD Kapitel A*/B* (Bestimmte infektiöse und parasitäre Krankheiten), D* (Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe sowie bestimmte Störungen mit Beteiligung des Immunsystems) und J* (Krankheiten des Atmungssystems) beobachtet (vergl. Abb. 3).
Die ambulanten Behandlungskosten waren in RV signifikant niedriger als in der IV. Die mittlere Anzahl der Hospitalisierungen und der Hospitalisierungen aufgrund einer Herzinsuffizienzdiagnose waren in der IV signifikant niedriger als in der RV. Hinsichtlich der mittleren Arzneimittelkosten und der Morbi-RSA Zuweisungen im Nachbeobachtungszeitraum konnten keine signifikanten Unterschiede beobachtet werden.
Die signifikanten Unterschiede in den Gesamtbehandlungskosten können zum größten Teil auf die Unterschiede in den stationären Behandlungskosten zurückgeführt werden (vgl. Tab 3 und Abb. 3).
Diskussion
Die Analysen zeigen, dass sich Unterschiede zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern am Integrierten Versorgungs-Modell nachweisen lassen. Signifikante Unterschiede zu Gunsten der IV wurden für die Gesamtleistungskosten, stationäre Behandlungskosten, Hospitalisierungen und Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz nachgewiesen. Die ambulanten Behandlungskosten hingegen waren signifikant niedriger in der RV. Teile der signifikant niedrigeren ambulanten Behandlungskosten in der RV können auf die Zusatzkosten für das Integrierte Versorgungs-Modell in der IV zurückgeführt werden. Fast die Hälfte des beobachteten Kostenunterschieds kann auf diese zusätzliche Vergütung zurückgeführt werden.
Die signifikant niedrigeren Gesamtbehandlungskosten in der IV sind größtenteils auf die geringeren stationären Behandlungskosten zurückzuführen (vergleiche Tabelle 3). Da die stationären Behandlungskosten aufgrund einer Herzinsuffizienz in beiden Gruppen ähnlich hoch waren, können die stationären Kostenvorteile nicht auf die verbesserte Versorgung der Herzinsuffizienz durch das Integrierte Versorgungs-Modell im engeren Sinne zurückgeführt werden. Vielmehr hat sich gezeigt, dass Teile der Ausgabenunterschiede auf andere Indikationen zurückzuführen sind, so z.B. auf vollstationäre Behandlungen aufgrund von bestimmten infektiösen und parasitären Krankheiten (ICD 10 Code A*/B*), Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe (ICD 10 Code D*) sowie von bestimmten Störungen mit Beteiligung des Immunsystems und Krankheiten des Atmungssystems (ICD 10 Code J*).
Die niedrigeren stationären Behandlungskosten könnten ferner auf eine selektionsbedingt höhere Komorbidität der Patienten in der RV zurückzuführen sein. Selektionseffekte, die zur Einschreibung in das Integrierte Versorgungs-Modell beitragen und die nicht nur den Schweregrad der Herzinsuffizienz, sondern auch verschiedene Komorbiditäten betreffen und für die mittels der gemessenen Kovariaten nicht angemessen adjustiert wurde, können nicht ausgeschlossen werden. Es ist also möglich, dass Herzinsuffizienzpatienten mit ausgeprägter Morbidität seltener am Integrierten Versorgungs-Modell teilnehmen und dass dieser Selektionseffekt die beobachteten Kostenunterschiede erklärt.
Denkbar wäre auch, dass sich die Betreuung der Patienten durch die Herzinsuffizienz-Nurse auf andere Behandlungsbedarfe des Patienten positiv auswirkt. Angermann et al. (2012) haben bei der Evaluation des HeartNetCare-HF™ beobachtet, dass 80% der Patienten den Rat der betreuenden Herzinsuffizienz-Nurse öfter aufgrund von nicht kardiovaskulären Gesundheitsproblemen denn aufgrund kardiovaskulärer Erkrankungen gesucht haben. Eine Patienten-Befragung der Teilnehmer am Integrierten Versorgungs-Modell durch die teilnehmenden Ärztenetze zeigte, dass innerhalb des evaluierten Integrierten Versorgungs-Modells eventuell ein ähnlicher spill-over Effekt stattgefunden hat. Insgesamt fühlten sich 95% der befragten Patienten durch das Integrierte Versorgungs-Modell grundsätzlich besser versorgt und 93% der Befragten fanden es hilfreich, dass sich die Herzinsuffizienz-Nurse regelmässig nach ihrem Gesundheitszustand erkundigt. Dies verdeutlicht die Bedeutung umfassender Versorgungsmodelle, die dem allgemein erhöhten Versorgungsbedarf multimorbider Herzinsuffizienzpatienten durch kontinuierliche persönliche Ansprache und Einbindung der Patienten in ihr persönliches Gesundheits-Management Rechnung tragen – auch außerhalb der eng gefassten Versorgungsindikation Herzinsuffizienz. <<